Neu im Handel: gamesTM

„Die besten Games. Im besten Magazin.“
Ein wenig unscheinbar, gar schüchtern schaut sie aus. Ganz in rot, schwarz und weiß ist sie gehalten. Ein großes Artwork ziert ihr Cover. Keine Neonfarben kreischen um Aufmerksamkeit, keine zweihundert Extrakästen wollen das Inhaltsverzeichnis anpreisen. Und doch schreit sie laut, „Jetzt wird’s dreckig: Sex in Games – Warum wir unbefriedigt bleiben“, „Opfer der USK: Vergas – Gibt’s bald gar keine Actionspiele mehr? Eine Analyse“.

Sanft weht das Team auf Seite drei und große Worte werden verkündet, Feedback verschwinde nicht in schwarzen Löchern, sondern werde diskutiert, direkt mit der Redaktion.

Auf die Plätze, fertig, los!
Das Cover sticht, wie Eigangs erwähnt, eben dadurch am Kiosk nicht heraus, weil die Farbe der Marktforschung nicht Einzug aufs Cover gehalten hat. Es ist nicht ein Pünktchen blau zu sehen. Wie auch schon bei 360 Live, ist es gelungen die Balance zwischen Inhaltsverzeichnis und Artwork auf dem Cover zu halten. Es werden zwar nicht weniger als sieben (!) Themen auf Seite 1 angepriesen, dennoch bleibt das Motiv weitgehend von Text verschont und kann seine volle Wirkung entfalten.

Die Schlagzeilen mit „Jetzt wird’s dreckig“ und „Opfer der USK“ kompensieren Neonorange. Aufmerksamkeit wird in diesem Fall durch Text und nicht durch Farben erzeugt. Aufmerksamkeit erzeugen soll ebenfalls ein dem Heft beigelegter Pappkartonzettel mit Eigenwerbung. Das Heft ist mit 210x275mm ist gamesTM ein ganzes Stückchen kleiner als handelsübliche Magazine im DinA4-Format. Der Einleger hat in etwa 300mm Länge und ist deswegen kaum zu übersehen. Leider auch nicht der peinliche Text.

„Die besten Games. Im besten Magazin.“, sowie in Form eines Zigarettenschachtelwarnhinweises „Dieses Heft kann vor fehlgaming schützen“. Böswillig möchte man nun an dieser Stelle fragen, ob Babelfish unterwegs die Puste ausgegangen sei, kennt man die Nichtübersetzung des Wortes „Spiele“ und Kreationen wie „fehlgaming“ sonst nur von dahingeschluderten Übersetzungen überflüssiger Tippsbücher. Genau so will gamesTM aber eigentlich nicht wirken.

Ein weiteres und absolutes „NO GO“ befindet sich rechts oben in der Ecke. Eine unscheinbare 04.

Liebe Leute, dort gehört die Ausgabennummer hin „#01“, nicht ein falscher Monat. Im übrigen ist es auch unverständlich, warum am heutigen 7. März die Aprilausgabe erschienen ist. Natürlich könnte man das branchenübliche Blabla anführen, das muss so. Allerdings stellt man sich die Frage, warum beim Schwesterheft 360 Live es möglich ist, im richtigen Monat zu erscheinen.

Kompromissvorschlag: Dort oben, wo momentan die 04 steht, nummeriert ihr das Heft schön durch, wie sich das gehört. Über den Barcode schreibt ihr von mir aus 04/2008 drauf, die jetzige Lösung widerspricht dem gamesTM-Sammelkonzept vehement.

Leseransprache
Einen weiteren schweren Schock ereilt den geneigten Leser im Editorial. „Schön, dass du vorbei schaust“

Zugegeben, ich reagiere allergisch darauf in einem Spieleheft gesiezt zu werden, aber „du“ muss doch wirklich nicht sein. Ihr/eure wäre als Anrede wesentlich angenehmer gewählt. Ums gleich vorwegzunehmen, allzu viele sorgen machen muss man sich um die Anrede nicht, womit wir auch schon beim Thema wären.

In den meisten Artikeln des Heftes wird auf eine Leseranrede verzichtet und in der „Man-Form“ geschrieben. Das wirkt zwar beim ersten Lesen vielleicht etwas ungewohnt, ist aber ein super Alleinstellungsmerkmal.

Nach dem Editorial folgen die obligatorischen News, ein Terminupdate und eine Seite mit dem Japan-Korrespondenten. Das folgende Interview mit Keita Takahashi überzeugt ebenfalls, ist es doch nicht im typischen Frage/Antwort-Stil geschrieben.

Vorschau – mit mathematischer Genauigkeit.
Maniac tut es, play3 tut es, 360 Live macht es seit kurzem und auch gamesTM hat es leider erwischt. Schrieb man vor einiger Zeit noch Einschätzungen wie „gut“, „überdurchschnittlich“ oder „3/5 Sternen“ darunter, ist man in jüngster Zeit leider dazu übergangen sich mögliche Prozentwertungen aus den Fingern zu saugen, bei denen das Spiel vermeintlich nicht landen wird.

Statt 70-95% steht am Ende des Artikels „Hitpotenzial: 8/10“. Tut das wirklich not, reichen fünf Sterne, Klötzchen, was auch immer nicht mehr? Warum muss man nun Kaffeesatz und Kristallkugel mit dazu tun?

„Beobachtenswert“
oder „worauf man in den nächsten Monaten ein Auge werfen sollte“, so nennt sich eine Doppelseite mit nicht mal Achtelseiten kleinen Kurzpreviews. Wirklich lohnenswert sind die Seiten nicht, für einen informierenden Überblick langt es allemal. Was unbedingt hermuss, sind die Kürzel der Schreiber, die dürfen einfach nicht fehlen und Platz genug ist trotz doppelter Briefmarkengröße noch vorhanden.

Der Übergang vom Vorschau- zum Testteil wird mit zwölf Seiten Reportagen „Jetzt wird’s schmutzig“ und „Generation Game“ getrennt, auf die ich jetzt aber nicht näher eingehen werde.

Test:
Deutlich ist zu merken, dass gamesTM ursprünglich nicht aus Deutschland stammt. Schlichte Eleganz mit ansprechender bildlicher Gestaltung und großem Textaufkommen zu kombinieren ist nicht unbedingt eine Stärke deutscher Layouter. Insofern ist es höchst erfreulich auch hier zu Lande in den optischen Genuss englischer Layoutkünste zu kommen.

Der Testteil ist mit zehn Seiten deutlich unterernährt und verhindert dadurch unbeschwerten Genuss eines wohltuend anderen Schreibstils. Wie auch schon bei den Vorschauen gibt es eine Doppelseite mit Mikrotests. Auch hier fehlen die Redakteurskürzel. Die Einzelwertungen im 10er System für Grafik, Sound und Steuerung fallen bereits bei Halbseitern völlig unter den Tisch – unbedingt nachbessern! Schade auch, dass man es für nötig hielt für den deutschen Markt eine Nachkommastelle in die Wertungen einzubauen.

Ob man in einem Heft, wie der gamesTM, wirklich noch eine Seite Zubehörtests braucht, ist sicherlich auch eine nicht ganz uninteressante Frage.

Retro:
Satte 20 Seiten nimmt diese Rubrik ein. Wirklich Spannend finde ich das Gespräch mit Herrn Warshaw über seine Atari-Pleitetheorien nicht, genauso wenig bietet der Hundertste Aufguss einer Mario Hall of Fame och etwas neues. Wesentlich besser gelungen ist der Doujin-Ka-Bericht über japanische Fan-Spielchen für den PC. Das Will-Wright-Gespräch hat mich persönlich eher weniger interessiert, genauso wie das Making of zu Desert Strike.

Sollte in den Rubriken mal was über Japano-RPGs auftauchen, dürfte es aber wohl auch vielen Lesern so gehen, wir mir diesen Monat 😉

Hefttyptisch gibt es zum Abschluss erneut eine Seite mit Minitests. Kritikpunkte sind die selben wie zuvor. Zur Sicherheit aber nochmal: Ich will wissen, wer die Artikel geschrieben hat!

Community:
Die Rubrik steht unter Sponsoring von Giga Games, was so gar nicht ins Heftlayout passen will. Das eSports auch was anderes als langweiliges Clangeprolle (*SCNR*) sein kann, beweist der Bericht über Doping und Drogen im eSport.

Lesebriefe gibt es in der ersten Ausgabe schon, man hat sich einfach des Heftforums bedient. Wenn ParaPlayer angedruckt wird und so Lieb das von mir geführte Interview mit Richy erwähnt, wo ist denn der Verweis auf Magaziniac geblieben? 😉

Abschlussbemerkungen:

Schreibstil: Die Schreibe weiß durch ihre Art zu gefallen, hat neben dem gelegentlichen du statt ihr aber eine leicht behebbare Schwäche. Nicht jedes „es“ muss ausgelassen werden. Eine Einschränkung des inflationären Gebrauches von „wird’s“, „gibt’s“ etc. wäre wünschenswert.

Interpunktion: Die Kollegen vom NMag mussten es schon ertragen und ihr müsst es nun auch noch mal über euch ergehen lassen. Auch wenn es nach teilweise 20 Jahren wirklich schwer ist sich umzugewöhnen, die Taste neben dem „ß“ ist NICHT FÜR APOSTROPHE! Word macht aus dem Minutenzeichen von alleine ein Apostroph, einfach mal die Taste neben dem „Ä“ antesten. Im ganzen Heft ist somit ein bunter Mix zwischen Apostrophen, Akzenten und Minutenzeichen vorhanden, auch wenn sich das Lektorat sichtlich Mühe gegeben hat, dieses auszubügeln. Also liebe Schreiberlinge, macht es doch gleich von Anfang an richtig, spart euren Lektoren Arbeit und mir Nerven. Siehe hier.

Sonstiges: Die Erstausgabe macht trotz kleinerer Kritikpunkte einen überwiegend gelungenen Eindruck, Klebebindung und Hochglanzpapier geben ein hochwertiges Erscheinungsbild. Ein übersetzter Eindruck entsteht meinem Empfinden her nach nicht. Einen Probekauf sollte man auf alle Fälle in Erwägung ziehen, gamesTM ist kein Einheitsbrei!

P.S. Eine zweite Meinung gibt es auch im HomiBlog.

Daten und Fakten:
Start: 5. März 2008
Erstausgabe: 04/2008
Verlag: Airmotion GmbH
Segment: Multiformat-Magazin
Erscheinungsweise: monatlich
Copy-Preis: EUR 3,80
Chefredakteur: Richard Löwenstein
Druckauflage: 60.000 Exemplare (Verlagsangabe)

9 Antworten zu „Neu im Handel: gamesTM“

  1. Jan sagt:

    Mit dem „‚“ statt „´“ hast du es aber wirklich. Ist das wirklich so wichtig?
    Fast schon eine Apostroph Phobie.;)

  2. Evil sagt:

    Ja. Nur weil es sich dabei um ein Schriftzeichen und nicht um ein ständig falsch geschriebenes Wort handelt, ist es für mich nicht weniger störend 😉

    Ok, bei der gamesTM fällt das nicht so auf, aber bei 360 Live ist das echt penetrant mit der dort verwendeten Schriftart. Vor allem, weil es auch noch in den Layoutvorlagen klebt und somit auch bei Redakteuren auftaucht, die diesen Fehler nicht machen.

    So oft, wie mir täglich in den Foren „DVD´s“ begegnen, löst es in der Tat eine Phobie aus *g*

  3. Nibnob sagt:

    Was? Also, während meiner Layout-Zeit dürfte es im NMag keine falschen Apostrophen gegeben haben (das werde ich noch mal nachprüfen 😉 ). Ich stehe nämlich voll hinter deiner Meinung, die richtigen Apostrophen zu benutzen. Wobei — ein wenig tricky ist es trotzdem: Auch der korrekte Apostroph ist in manchen Schrifttypen nur über Sonderzeichen zu erreichen …

  4. Christian sagt:

    „Die Einzelwertungen im 10er System für Grafik, Sound und Steuerung fallen bereits bei Halbseitern völlig unter den Tisch – unbedingt nachbessern! Schade auch, dass man es für nötig hielt für den deutschen Markt eine Nachkommastelle in die Wertungen einzubauen.“

    Genau auf dieses stupide Wertungssystem kann ich gerade am allerbesten verzichten. So einen Scheiß braucht doch wirklich keine Sau. Eine einfache Spielspaßwertung genügt völlig, wenn man schon unbedingt mit Zahlen werten muss. Und so Mini-Prozent-Zwischenschritte sind einfach nur albern. Früher bei der ASM hat’s auch eine einfach Wertung von 0-12 getan.

  5. player92 sagt:

    Ich finde die Games TM einen Super ersatz für die GEE. Das was Evil im Text als „besser machen“ angeschrieben hat, finde ich nicht so schlimm, dass ich mir das Heft nicht mehr holen muss. Auf die Rechtschreibung und Zeichen schaue ich auch nicht so genau, hauptsache ich kann es verstehen und es ist gut geschrieben. Das Wertungssystem ist auch nicht weiter schlimm, denn auch wenn das Heft auf z.B. Sim City DS 8/10 Punkten gibt, und ich mag diese Spiel nicht, dann muss ich mir eben selbst so ein System machen oder für mich das Spiel einschätzen. Die Wertung im Heft vertritt einfach nur die Meinung vom Autor. Der Stil des Heftes (also schlicht gehalten) finde ich super, denn die in Deutschland erfundenen Hefte sind für mich immer zu „knallbunt“ auf dem Cover und im Heft, und wegen dem Stil hat mich das Heft auch angesprochen. Abschließend möchte ich noch schreiben, das hoffentlich die Games TM in Deutschland länger erscheint und standhält als die deutsche Edge. Mich hat das Heft schon jetzt als langjährigen Leser gewonnen.

  6. HomiSite sagt:

    Ja, die neue gamesTM ist schon schick und gefällt mir! Setzt sich vom Konzept ungefähr zwischen die typischen Testmags wie GP oder M! und dem „alternativen Endpunkt“ GEE.

    Die (recht kurzen) Tests haben mich nicht umgehauen, aber die Mischung inkl. Retro und Features macht den Kohl eben fett!

  7. Gala. sagt:

    Ich bin mal gespannt, werde mir die nachher vielleicht mal anschauen. 😉

    Wegen den ‚,´,` .. ich würds gar nicht merken 😉

  8. […] Seite 102 findet sich der Abdruck einer Email, in der sich ein Leser mit einem Text der vorherigen Ausgabe auseinandersetzt: Ein Mensch ohne Namen stellt da die Frage: »Ob’s am schwulen Namen des […]

  9. Dr_Snyder sagt:

    Manchen Menschen weiß auch ’ne abgelatschte Socke zu gefallen. Aaaah! Bitte wieder abgewöhnen. 🙂

    Ansonsten, ehrbarer Einsatz Deiner Lebenszeit für eine heruntergekommene Zunft.

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