Archiv für April 2007

play3 – Warum alles anders ist und sich doch nichts geändert hat

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Letzten Monat läutete CyPress das Ende einer Ära ein. Nach fast 10 Jahren oder 119 Ausgaben wurde die play THE PLAYSTATION eingestellt. play PLAYSTATION wurde damals als Gegenpol zum offiziellen PS1-Magazin gestartet und grenzte sich durch ein völlig anderes Konzept komplett vom Mitbewerber ab und wurde zur Erfolgsstory. Als das erste unabhängige PlayStation Magazin wischte es von 98 bis 2000 mit sämtlichen Mitbewerbern den Boden auf, auch wenn diese häufig einen wesentlich günstigeren Heftpreis hatten und überlebte sie bis auf einen alle.

Ein dementsprechend schweres Erbe tritt play³ an und um es vorweg zu nehmen: Der Versuch scheitert kläglich.

Laut Aussage von CyPress wird play³ als erwachsenes Videospielmagazin positioniert. Wie ernst es mit diesem Versuch gemeint ist wird bereits auf dem Cover deutlich. Nicht weniger als 5 Artworks sind auf das Cover gequetscht. Zwei in der DVD-Spalte, drei als „Hauptmotiv“. Nicht nur das Ästhetikgefühl fürs Bild ging dabei über Bord, auch das für die Sprache musste mit der Konstruktion „Größer, schöner, besser – Lara in Bestform!“ dran glauben. Das Fanboyherz wird höher schlagen, wenn es von einem noch schöneren Oblivion als auf der Xbox 360 hört. Vollendet wird die Ansprache des älteren Lesers mit „Spielen, surfen, saugen“ zum Thema PS3-Online.

„Herzlich willkommen liebe Spieler-Gemeinde!“
So wird das Baukasten Editorial eingeleitet. Nach einem „wir sind die neuen, obwohl so neu sind wir gar nicht“ geht es mit „wir sind toll, sind die ersten und haben Exklusivstorys“ weiter. Abschließend wird einem noch gute Unterhaltung gewünscht – von wem ist allerdings nicht ersichtlich. Verständlicher weise wollen weder Chefredakteur noch das play³-Team diesen Text unterschreiben.

Das auf Hochglanzpapier gedruckte Heft beginnt mit einem Special zu den 100 besten PS2-Spielen. Auf 10 recht farblosen, dafür mit Artworks vollgestopften Seiten kann man sich noch mal einen kurzen Überblick über GT 4, MGS, San Andreas und Co. verschaffen.

Der Vorschaubereich beginnt mit Neuankündigungen. In unterschiedlichen Größen werden hier Spiele vorgestellt, für die es noch nicht genug Material für ein Preview gibt. Lobenswert: Man verzichtet hier auf Einschätzungen und Tendenzen in Form von Sternchen.

Mit Assassin’s Creed kommt die erste große Vorschau. Der Umfang ist mit 6 Seiten (5 Preview + 1 Interview) sehr großzügig bemessen, besteht jedoch zu min. 60 Prozent aus Bildern. Zusätzlich gibt es zahlreiche Layoutverbrechen. Leider ist die Spaltenbreite der play³ variabel und leider wird davon auch gebrauch gemacht. Nebeneinander sieht das schon ein wenig unschön aus, übereinander (breite Spalte, Textzitat, schmale Spalte) stört es den Lesefluss. Sollten Meinungskästen auf der linken Seite platziert sein, so ist der Meinungstext rechtsbündig (!) geschrieben. Es tut nicht nur in den Augen weh, es ist auch schwer zu lesen.

Ohne auf jedes einzelne Preview eingehen zu wollen wird man früher oder später auf ein Layoutelement stoßen, welches auch schon PC PowerPlay-Leser zur Weißglut getrieben hat: Ein riesiges Cynamite.de-Sternchen z.B. mit dem Hinweis auf noch mehr Infos, Videos und Bilder auf der Webseite; auf Entwicklertagebücher und auf Ersteindrücke zur PC-Version.

Auf Seite 50 mit dem Beginn der Wertungserklärung zeigen sich gemischte Gefühle auf. Einerseits freut man sich über das „50% = durchschnitt“-Wertungsniveau, andererseits sind Verlust von „Rating“ und „playKING“ zu beklagen. Stattdessen gibt es die übliche Spielspaßwertung im 100er System, sowie einen Einzel- und Mehrspielaward. Die Gestaltung erinnert an eine Web 2.0 Variante der DVD-Vision-Auszeichnung, die Namen sind powered by PlayZone.

Die Teamseite setzt bekanntes von play und OPM2 fort ohne Neuerungen zu bieten. Erwähnenswert ist höchstens noch der Hinweis auf den Hinweis, dass alles subjektiv auf diesen Seiten geäußert wird.

Die Tests bewegen sich zwischen sehr schlicht gestaltet (UEFA Champions League) und optischem Overkill (God of War II), enthalten teilweise auch die aus den Previews bekannten rechtsbündigen Meinungskästen, sowie die ebenfalls schnell nervigen „Zusatzinfos auf Cynamite.de“-Sternchen. Immerhin, es gibt nur einen Halbseiter, die restlichen Spiele bekommen min. eine.

Es folgt der Seviceteil. Von nun an sind Erscheinungstermine, Charts und Bestenlisten gebündelt und nicht mehr über das Heft verstreut.

Mit „online“ folgt eine neue Rubrik. Es wird erklärt, wie man mit der PS3 ins Internet kommt, zudem werden extrem knapp aktuelle Spiele des PlayStation-Stores vorgestellt und im 10er System bewertet. An der Doppelseite Hardware gibt es vielleicht von der Rubrikfarbe abgesehen nichts zu kritisieren.

Die aus OPM2 bekannte völlige Abgrenzung des PSP-Bereiches hat leider auch in play³ Einzug gefunden. Erfreulicher Weise wird man aber nicht mit 3 Seiten abgespeist, sondern bekommt satte 8 Seiten spendiert. Optisch ist er angenehm schlicht gehalten, die Kritikpunkte rechtsbündig und Cynamite-Sternchen will ich an dieser Stelle nicht noch ein drittes Mal breittreten.

Der Tipps und Tricks-Teil war in letzter Zeit sehr umstritten, aktuell besteht er nur noch aus einer Seite, auf der der Inhalt der PDF-Dateien auf DVD aufgelistet ist.

Community tritt für mich die Nachfolge des „Entertain me“ Bereiches an. Der PlayStation 3 Launch „Bericht“ zeigt zu 7/8 Bilder von Mola, Sido und Co. und besteht eigentlich nur aus der Aufzählung von Möchtegernstars. Eine weitere Seite wird verschwendet für die Vorstellung von Clubs auf cynamite.de, eine weitere für die Cynamitebestenlisten (User des Tages, bester Blog etc. pp). Leserbriefseite gibt es auch schon, hier wird das Nonsensgelaber von OPM2 fortgesetzt.

Letzter Teil des Heftes ist eine BluRay-Rubrik. Ähnlich „umfangreich“ wie auch der einstige DVD-Teil. Wer sich nur für Wertungen interessiert, wird damit glücklich werden.

Der König ist tot, es lebe der König? Wohl kaum. Wer die Seele in den letzten Monaten bei der play THE PLAYSTATION vermisst hat, wird weitertrauern müssen. Das Layout ist eine Fusion aus Textgestaltung der Games Aktuell und „schlicht, weiß, bunt“ OPM2. Soll heißen, es wird viel auf keine Hintergrundsbilder gesetzt, dafür werden die Tests viel mit Artworks und riesigen Screenshots gefüllt. Neue Elemente sucht man von den Nervigkeiten der Cynamitesterne abgesehen vergebens, ob Awardgestaltung oder Onlinerubrik, alles hat man schon mal irgendwo in Teils besserer Form bei der Konkurrenz gesehen. Spielereien fehlen von der Teamseite abgesehen gänzlich, der Communitybereich tendiert irgendwo zwischen Platzverschwendung und verarsche.

Beim Versuch ein Spieleheft für die bislang vernachlässigte Gruppe der älteren Spieler zu machen hat man komplett versagt. Mit den Leser siezen und eine kalte Distanz aufzubauen ist es bei weitem nicht getan. Kein Schritt vor, aber viele zurück.

Daten und Fakten:
Start: 18. April 2007
Erstausgabe: 05/2007
Verlag: CyPress GmbH
Segment: PlayStation-Magazin
Erscheinungsweise: monatlich
Copy-Preis: EUR 4,99 inkl. DVD
Chefredakteur : Stephan Girlich
Druckauflage: 115.000 Exemplare (Verlagsangabe)

play vanilla – Deutschlands erstes Spielemagazin (nur) für Sie

Vor Monaten groß angekündigt und nun seit dem 04. April 2007 im Handel erhältlich, play vanilla, das Spielemagazin für Frauen. Lifestylezeitschriften sind nun wirklich nicht gerade eine Erfindung der letzten Monate und die Idee Casualgamer anzusprechen ist mehr als nur angestaubt. Ein Geschlecht bei einem Spieleheft, in diesem Fall das Männliche, völlig auszuschließen zu wollen ist in der Tat neu.

Eine Packung Klischees, extra groß, bitte!
Schon beim Cover wird eines deutlich, einen tieferen Griff in die Klischeekiste hätte man kaum tätigen können. Rufen wir uns doch einfach noch mal spaßeshalber das Cover einer Frauenzeitschrift in den Kopf und erinnern uns an alle Vorurteile: Stars, Accessoires, Freizeittipps und Diäten. Und was genau bietet uns play vanilla? 69 trendige Spiele für jede Gelegenheit, teurer Ramsch *ähm* coole Accessoires für Ihr Zuhause und last but not least: Schlankmacher Wii und EyeToy im Test.

Wer nun hofft, im Editorial würde es besser werden (Cover muss halt so sein, soll ja verkaufen etc. pp) wird bitter enttäuscht bzw. eines besseren belehrt. Auch hier werden die Geschlechterrollen von der Stange munter weiter propagiert. Die meisten Genres im Spielebereich seien eher was für Männer (Militärspiele, Shooter, Motorsport), wohingegen Frau mehr wert auf Spiele für Herz, Sinn und Verstand gleicher Maßen lege. Außerdem sei das Magazin für alle, denen die meist oberflächliche Berichterstattung einer Fernsehzeitung nicht ausreicht und die kein Technikgequatsche hören wollen.

Aha, Frau ist also kaum in der Lage schwerere Kost als die Fernsehzeitung zu lesen. Fragt sich nur, wie die je ca. 10% weiblichen Leser es bei der PC Games und der GameStar mit ihren Heften klarkommen. Um noch mal zu den Klischees zu kommen, Frauen sind ängstlich und schreckhaft und aus dem Grunde müssen sie auch mit einem „Vorsicht Splatter“-Symbol vor solch grauenhaften Spielen gewarnt werden. Immerhin positiv: Frau wird im Gegensatz zu Mann zugetraut auch mit Wertungen klar zu kommen, die nicht aus 100 Abstufungen, am besten noch mit 3 Nachkommastellen, bestehen – play vanilla setzt auf ein 5er System.

Rubriken

play vanilla Talk:
Allgemein ist bekannt, dass Frau sich für Welt der Stars und Sternchen interessiert mit dem dort verbundenen Klatsch und Tratsch. Verschiedene weibliche Promis (z. B. Anastasia, Collien Fernandes) erzählen nun, warum sie was gerade Spielen.

Belanglos und ohne Nährwert, aber OK, das haben solche Themen nun mal so an sich.

First Look:
Die obligatorische Previewrubrik eines jeden Spielheftes. Die Texte sind arg bildlastig und extrem kurz, gehen aber in Ordnung. Vor allem der vierseitige Bericht zu Assassin’s Creed ist ok.

Short Play:
Die Rubrik beginnt mit MP3-Playern und Handynews, vor allem werden besonders unpraktische Modelle vorgestellt, sowie hässliche Ipodaufkleber und Handytaschen. Die neusten Mobiltelefone ‚frisch vom Laufsteg‘ dürfen natürlich auch nicht fehlen. Weiter geht es mit Haufenweise Casualgames fürs Handy, die in extrem kurzen und nichtssagenden Texten, dafür reich bebildert vorgestellt werden. Auf den Seiten 72 bis 75 finden sich einige größere „Tests“. Mehr als eine Spielbeschreibung mit Wertung darunter sollte allerdings nicht erwartet werden. Das Text/Bildverhältnis liegt in etwa bei einem Teil Text und zwei Teilen Bildern.

Happy Hour:
Mit Spielnews und Hardware soll laut Inhaltsverzeichnis dieser Heftteil beginnen, zu Gesicht bekommt man aber überwiegend sündhaftteure Staubfänger, pardon, nützliche Gadgets.

Endlich ist man auch beim lang erwarteten Highlight angekommen, der Titelstory ‚Fit Wii nie‘. In an Peinlichkeit kaum zu überbietender Weise (sowohl vom Text als auch von den Bildern) wird man durch das Wii-Sports und EyeToy: Kinetic Combat Workout geführt. Bitte unbedingt weiterblättern um Folgeschäden zu vermeiden. Anschließend folgen wieder einige mehr oder weniger belanglose Tests mit reichlich bunten Bildern zum Sammeln und tauschen.

Ladies Night:
Wie gehabt wird mit einer Doppelseite News und überflüssigem Krams gestartet. Weiter geht es mit einer selten dämlichen Fotostory „Die (PS3) oder ich!“. Überraschung: Es folgen wieder Tests nach altbekanntem Schema, diesmal aber zu Spielen, mit denen sich schon einige Stunden länger vor der Glotze verbringen lassen (z.B. FFXII)

My Vanilla Living:
Fraus liebstes Hobby muss nun ein letztes Mal exzessiv ausgelebt werden: Es folgen weitere teure Einrichtungsgegenstände und ein 13 Seiten Shoppingguide für Konsolen und Handhelds.

„Geht draußen Spielen“, „Deutschlands schönes Pokerface“ und „die schönsten neuen Spiele“. Auch Ausgabe #2 wird dort weitermachen, wo das erste Heft endete.

Bleibt am Ende nur eines zu hoffen:
Möge Frau am Kiosk mündig genug sein und ein paar cm weiter zu einem echten Spieleheft greifen. Wenn play vanilla eines tut, dann das Image zu unterstreichen Frauen als Spieler nicht ernst zu nehmen und leidige Rollenklischees aufrecht zu erhalten.

Als Anmerkung zum Schluss. Auch Mann weiß durchaus ein Casualgame in der Mittagspause oder für zwischendurch zu schätzen, nicht umsonst schießen Portale mit Flashgames wie Pilze aus dem Boden. Genauso ist Frau nicht damit überfordert auch mal zwei Seiten Text mit Inhalt und ohne Technikblabla zu lesen und ein Spiel zu spielen, das über Tamagotchis hinausgeht.

Daten und Fakten:
Start: 04. April 2007
Erstausgabe: 05+06/2007
Verlag: Computec Media
Segment: Spiele/Frauenzeitschrift
Erscheinungsweise: zweimonatlich
Copy-Preis: EUR 1,90
Chefredakteurin : Petra Fröhlich
Druckauflage: 100.000 Exemplare (Verlagsangabe)