Neu im Handel: Games and More

Alle Systeme ein Heft, gigantische Druckauflage und das alles zum konkurrenzlosgünstigen Mitnahmepreis von nur einem Euro. Mit dem Heft wird der stätig wachsende Kreis von Casualgamern erschlossen.

Um es gleich vorweg zu nehmen: Nein, ich habe nicht die Pressemitteilung der Video Games Aktuell aus dem Jahre 2003 recycelt. Bei dem beschriebenen Heft „Games and More“ handelt es sich um Computecs neusten Versuch mal wieder unter anderem einige der Millionen von Wii- und Nintendo-DS-Käufer zu erreichen, die beharrlich einen Bogen um „Wii Player – Das Magazin“ machen.

Missglückter Einstieg
Was erwartet man, wenn man ein neues Heft aufschlägt und auf die dritte Seite blickt? Genau, ein „Hallo hier sind wir und wir wollen dieses und jenes“. Was zum guten Ton eines Heftes gehört, fehlt bei Games and More völlig – das Editorial. Völlig ohne Vorbereitung bekommt der geneigte Käufer das Inhaltsverzeichnis präsentiert und kann sich sofort vom Nichtinhalt des Heftes überzeugen.

Newshighlights
Erwartungsgemäß beginnt Games and More auch wie jedes andere Spieleheft zu erst mit den News. Abgedruckt werden hierbei höchst spannende Meldungen wie „GTA IV: Erfolgreichstes Spiel“, Computecs BÄM-Award, Auszeichnungen für Britney und Tokio Hotel, sowie Harry Potter lässt in New York die Hüllen fallen.

Games: Alle Highlights aus der Spielewelt
Games and More 11/2008Der Rubrikname lässt ein wenig hoffen, wobei – Singstar wurde ja schon auf dem Cover angedroht. Die Titelstory erstreckt sich dann doch über ganze vier Seiten und stellt einige Spiele vor, die von der Redaktionsleitung der play3 sonst großzügig aussortiert werden. Die optische Aufmachung ist in der Theorie sogar ganz ansehnlich, problematisch wird’s dann, wenn die dünne, weiße Schrift im rot-braunen Farbverlauf versinkt.

Eingeschoben werden Hits für die Weihnachtszeit, wobei es sich hier um nichts Anderes als um eine auf vier Seiten aufgeblasene Releaseliste handelt, nett bebildert und mit ein paar kurzen Texten aufgelockert.

Tatsächlich haben es auch noch ein paar Artikel in den Vorschauteil geschafft – Need for Speed: Undercover, Tomb Raider: Underworld und Litte Big Planet sind sogar ganz hübsch aufgemacht und sind inhaltlich auch in Ordnung.

Zum Abschluss gibt es noch mal eine knappe Übersicht über DS-Software, wie Gehirn-Jogging, Kochkurs und English Training. Die Beschreibung der Titel fällt dabei immer sehr dürftig aus.

Auf in die Testschlacht!
Ausführlich wird das Testsystem erklärt, wobei dazu gar nicht viele Worte verloren werden müssen. Spiele können entweder „mies“, „ok“, „gut“, „sehr gut“ oder „super“ sein – das ist im Prinzip alles. Die fünf Test-Gebote sind obligatorisch.

Die Tests sind zielgruppengerecht geschrieben und Heftoptik überrascht dadurch, dass relativ viel Text vorhanden ist, Bilder nicht dazu genutzt werden, um die Seite irgendwie zu füllen und sämtliche Hintergründe weiß sind.

Von der Auswahl der Spiele darf man keine großen Überraschungen erwarten, Star Wars, Spore, Buzz!, Sims und ähnliche Titel warten.

and more: Alle Entertainment-Highlights.
Wirkliche Überraschungen darf man hier nicht erwarten. Die Filme sind „powered by“ Widescreen-Vision, die Musiktests von SFT und die Redaktions-Charts natürlich von Nowdio. Tiefgang sollte bei den Techniktests nicht erwarten, bei den Produktabbildungen wurde tief in die Photoshop-Kiste gegriffen.

Spaß mit Excel
Die letzten Seiten des Heftes sind mit haufenweise Tabellen gefüllt. Eine Doppelseite über Budgetspiele und -filme, Toplisten für alles und jeden: Action- und Partyspiele, Smartphones, Heimkinoanlagen und Flachbildfernseher für 1.400 bis 5.200 Euro, die alle durchgängig „super“ abgeschnitten haben.

Leserbriefe oder auch FAQ
Was im Editorial fehlt (da nicht vorhanden) muss halt wo anders nachgeholt werden.
Kann ich ein Abo haben? Nein
Bleibt der Preis bei 1 Euro? Ja (schlechte Witze spare ich mir an dieser Stelle)
Welche Spiele kommen ins Heft? Eine kleine Auswahl, was Anderes ist bei 68 Seiten ja auch gar nicht möglich.
DVD, Film, Vollversion? Nein. Aber das haben viele vor uns auch schon gesagt.

Was war vor 10 Jahren?
Oh Gott, ich werde alt. Erster MP3-Player, Nokia 5110 und Gran Turismo. Man hätte den Platz auch schlimmer verschwenden können.

Was will Games and More eigentlich?
Darüber bin ich mir wie bei Computecs bisherigen Versuchen im Casualgefilde zu wildern nicht ganz im klaren. Die Optik ist von ein paar kleinen Fehlgriffen abgesehen sehr ruhig und ansprechend und wirkt durchaus erwachsen. Die Spieleauswahl passt wie „Faust aufs Auge“, ist unterm Strich aber nicht allzu umfangreich.

Viel zu lesen gibt es nicht, mit 68 Seiten ist das Heft nicht nur sehr kurz, es enthält auch nur 53,5 redaktionelle Seiten, von denen auch noch vier in Tabellen verschwinden. Die Anzeigen sind nicht immer sehr zielgruppenspezifisch und auch von der Klingelton-Pest wird man nicht verschont. Ebenso wie zu erwarten, dadurch aber auch nicht besser werdend, wird das verlagseigene Crossmarketing fast bis auf die Spitze getrieben – lediglich ein vierseitiges Lobgehudel auf Sqoops fehlt – aber was nicht ist kann noch immer werden…

10 Antworten zu „Neu im Handel: Games and More“

  1. Falconer sagt:

    Habe das dünne Heftchen heute morgen intensiv durchgeblättert. Vieles an diesem Magazin erinnert an die Anfänge der damaligen „Videogames aktuell“. Der Preis liegt bei 1 Euro, Zielgruppe sind die Casual- und Gelegenheits-Gamer. Zusätzlich gibt es diesmal aber noch Musik- und Film-Themen.

    Ich gebe diesem Magazin am Markt genau ein Jahr. Dann ist es wieder verschwunden. Die von Computec ganz schlau herausgefilterte Zielgruppe existiert natürlich. Aber sie wird dieses Heft nicht kaufen. Das fängt schon mal damit an, dass der geehrte Kunde die „Games and More“ am Kiosk gar nicht finden wird. Sie liegt nämlich bei den Game-Mags, wohin sich kein Laufkunde verirrt. Das ganze Magazin ist am Reißbrett entworfen, wird mit fetter Werbe-Kampagne eingeführt, in hoher 300.000er-Auflage gedruckt und zum Dumping-Preis angeboten. Alles ganz klassisch. Klassisch erfolglos allerdings. Die (anspruchlosen) Menschen, die solch ein Konzept befriedigt, werden absolut (anspruchslos) von vielen, vielen kostenlosen handelseigenen Print-Produkten bedient. Sie werden kein Geld, auch wenn es nur ein Euro ist, dafür ausgeben. Falls sie es überhaupt entdecken…

    Es ist schade, dass Computec immer wieder Geld in angebliche „Marktknacker“ steckt, statt das vorhandene Produktsortiment zu pflegen, zu verbessern und im ureigenen Kompetenzbereich zu erweitern. „Buffed“ ist ein positives Beispiel, in dem auch Herzblut steckt. In SFT, Wii Player oder play Vanilla steckt(e) wenig Herzblut, dafür umso mehr Marktforschung. Alle letztgenannten Magazine sind (waren) weit davon entfernt, erfolgreich zu sein. Auch wenn der Verlag das bei der hochambitionierten SFT (Garantie-Auflage zu Beginn 400.000!) immer wieder mit geschönten IVW-Zahlen verdecken möchte.

    Sollte es anders kommen, als von mit prognostiziert, entschuldige ich mich zu gegebener Zeit in aller Förmlichkeit. Sollte ich recht behalten, stelle ich schon jetzt mal die Frage in den Raum, welche gut bezahlten Entscheidungsträger bei Computec immer wieder mit Produkten für die Masse an der Wand zerschellen. Wo waren denn die hippen Frauen, die zur playVanilla greifen sollten? Wo sind die hippen Entertainment-Freaks, die der SFT zu Füßen liegen? Und wo sind die vielen hippen Wii-Zocker, die an WiiPlayer nicht vorbei kommen? Ach ja, wo sind die vielen Tausend hippen Gelegenheitsgamer, die (völlig überraschend) auch gern Musik hören und Filme schauen? Bin mal gespannt.

  2. Jan sagt:

    Moment, es gab doch schon mal eine Games and More Zeitschrift. Die sah so ähnlich aus wie die Bravo Screenfun. Oder werfe ich da was durcheinander?

  3. Evil sagt:

    Ja, gab es von 1998-2000 und war ein Screenfun-Konkurrent. Erschien bis Anfang 2000 sogar alle 14 Tage.

    Computecs neue Games and More hat mit Computec alter Games and More nichts gemein. Einzige Übereinstimmung ist der Name.

  4. Anbei sagt:

    Ich habe da heute mal im REWE durchgeblättert und muss sagen, das Heft ist absolut nichtssagend und überflüssig. Das wird nicht lange am Markt bestehen bleiben.

  5. Greenstreet sagt:

    Und wieder einmal wird das Konzept eines Core-Magazins hergenommen und mit Plüsch ausgekleidet, um damit zur Jagd auf den mystischen „Casual Gamer“ zu blasen. Play Vanilla hat das mit rosa Plüsch versucht. Games and more mit weniger Substanz. Und beide Male schießen sie meilenweit an der anvisierten Zielgruppe vorbei, die eben k e i n herkömmliches Testmagazin wollen. Ansonsten würden sie sich eben CBS kaufen oder begnügen sich mit Jubelarien von TV Movie und co.

  6. Woah, das Cover ist ja der Hammer! Selten etwas hässlicheres gesehen (nichts gegen den jungen Mann, aber…).
    Na ja, wenn es der Zielgruppe gefällt, ist das gut so, aber irgendwie habe ich da auch so meine Zweifel. Wobei ich mich frage, ob Computec mit solchen Schnellschüssen Geld verdient – das geht ja bestimmt auch kurzfristig, und ich kann mir nicht vorstellen, dass man wirklich daran glaubt, sowas langfristig etablieren zu können.

  7. Evil sagt:

    Das fängt schon mal damit an, dass der geehrte Kunde die „Games and More“ am Kiosk gar nicht finden wird. Sie liegt nämlich bei den Game-Mags, wohin sich kein Laufkunde verirrt.

    Lustig ist in dem Zusammenhang auch, dass das Heft bei den Spieleheften ausgelegt werden soll und nirgends wo man Casualgamer mal eher antreffen könnte…

  8. ichso... sagt:

    @evil erstmal kompliment für die (wie so gut wie immer) recht treffende blatt-kritik. aber nun eine frage: wie hättest du es gemacht? wenn du ein blatt für die casual-gamer am reissbrett entwerfen dürftest (müsstest), was würdest du tun? was würdest du dir in solch einem heft wünschen? was glaubst du, könnte am markt funktionieren?
    @alle andern : s.o.

    nette grüße,

  9. Evil sagt:

    Den Inhalt lass ich jetzt bewusst außen vor:
    Ich würde mich tendenziell für einen anderen Vertriebsweg entscheiden, d. h. Beilagen für Fernsehzeitungen, aktuelle Magazine oder meinetwegen junge Frauenzeitschriften — nicht als eigenständiges Heft, welches bei den normalen Spielemagazinen ausliegt…

  10. ichso... sagt:

    @evil
    prinzipiell stimm ich da 100pro überein, der Vertriebsweg ist das Problem. Allerdings geht das Konzept der Beilage in der Praxis nicht auf. Stell dir vor, Verlag X will in irgendeinem Programmie ein Casual-Heftchen beilegen: Druckkosten + Kosten fürs Beilegen (sagen wir mal 50 Euro /1000 also bei TV Movie schon 100.000 Euro allein fürs beilegen) sind mit Werbeerlösen sowas von nicht zu finanzieren. Ein Heft wie Games and More sollte vllcht zwischen Stern und Spiegel als „Mitnahmeartikel“ liegen, damit es Erfolg hat. Oder: Der Casual-Gamer ansich ist wie der durchschnittliche Kinogänger: DEr geht in den Film mit dem besten Plakat und informiert sich nicht vorher. Also sollten die Casuals am PoS beworben werden und ein Heft erübrigt sich.

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