Magaziniac-History: Sega – Teil 1

Willkommen zur dritten Magaziniac-Geschichtsstunde. Dieses Mal dreht es sich um die Sega-Hefte. Teil 1 behandelt den Zeitraum 1992 bis 1998.

Die Reaktionen auf meinen Eintrag zu Futures »ODCM« waren nicht nur positiv, deswegen noch mal ein kleiner Hinweis vorweg:

Liebe Sega-Freunde,
ich will euch nichts Böses. Nur weil ich mal eines „eurer“ Hefte verrissen habe, bin ich kein Sega-Hasser. Mir liegt es fern in irgendwelche System-Grabenkämpfe einzusteigen. Die Spiele zählen, nicht die Konsole, auf der sie laufen.

In dem Sinne: Viel Spaß beim Lesen, ich freue mich auf euer Feedback!


1992 – Das Gründungsjahr

Gamers 01/1992Deutschland ist, was die Gründung von Singleplattform bzw. Konsolenzeitschriften, die nur einen Hersteller behandeln, ein wahrer Spätzünder. Erst im Januar 1992 wird die erste Sega-Zeitschrift gegründet. »Gamers« heißt das gute Stück, kostet fünf Mark (€ 2,56) und hat einen Umfang von 76 Seiten. Die Leitung übernimmt mit Heinrich Lehnhardt ein prominentes Gesicht.

Optisch gibt sich »Gamers« nüchtern und setzt durchgängig auf weiße Hintergründe. Auch der Wertungskasten ist mit Gesamtwertung in Schulnoten (15er System) und Positiv- und Negativpunkten auf ein Minimum reduziert. Das Inhaltsverzeichnis ist leider noch sehr unübersichtlich, eine komplette Auflistung des Testteils fehlt Beispielsweise. Ab der zweiten Ausgabe gibt es immerhin ein Tabelle mit allen Tests und ab dem fünften Heft werden auch die Previews endlich sofort ersichtlich dargestellt.

»Gamers« Nr. 3 ziert ein „Nr. 1“-Button, angesichts fehlender Mitbewerber ist es aber auch nicht sonderlich schwer, die Marktführerschaft in seinem Segment zu haben. Boris Schneider, damals noch ohne „Johne“ im Nachnamen, stößt zum Team. Ebenfalls neu sind Einzelwertungen für Grafik und Sound. Auch früher wurden bereits zu schlichte Wertungssysteme vom Großteil der Leser nicht erwünscht.

Mit der Oktober/November-Ausgabe steigt der Heftpreis von »Gamers« auf sechs Mark (€ 3,07), der Heftumfang beträgt inzwischen 100 Seiten. Eine Ausgabe später dank guter Anzeigenauslastung gar 132 Seiten. Nebenbei hat das Dezember/Januar-Heft endlich ein brauchbares Inhaltsverzeichnis. Gleichzeitig ist es mit der Ruhe vorbei und mit »SegaPro« tritt der erste Mitbewerber auf die Bühne.

SegaPro 11/1992»SegaPro« stammt von Paragon Publishing, umfasst 84 Seiten, kostet DM 6,50 (€ 3,32) und erscheint monatlich. Die Übersetzung ist nicht immer ganz geglückt oder wurde schlicht vergessen und sich einheitlich für „du/dein“ oder „ihr/euch“ zu entscheiden, war auch nicht ganz einfach.

Vom Erscheinungsbild her ist »SegaPro« das exakte Gegenteil der »Gamers«. Die Abo-Anzeige spricht für sich: „»SegaPro« ist 100% farbig – eine der buntesten Zeitschriften des Universums“. Dem ist nicht wirklich viel hinzuzufügen. Jede Seite hat mal mehr, mal weniger bunte Hintergründe, die das Lesen unterschiedlich stark beeinträchtigen. Ist irgendwo zu wenig Platz, wird die Schriftgröße halt ein wenig runter gedreht – kann man’s nur noch mit der Lupe entziffern, hat der Leser eben Pech.

Das Wertungssystem der »SegaPro« kennt vier Einzelwertungen für Grafik, Sound, Spielablauf und Anforderung, sowie eine Gesamtwertung „ProScore“. Genutzt wird das Prozentsystem.


1993 – Unruhige Zeiten

Mit der März-Ausgabe erhält »SegaPro« endlich ein Editorial. Mit einheitlichem Heftdesign hat man es nicht so, die Rubriken tauschen von Ausgabe zu Ausgabe immer wieder ihre Plätze hin und her und die Vorschau aufs nächste Heft landet dort, wo Platz ist. Ab September gibt’s das Editorial endlich auf Seite 3 und im Oktober wird das Logo modernisiert. Das Dezember-Heft bringt nun endlich eine richtige deutsche Redaktion mit. Chefredakteurin der »SegaPro« wird mit Eva Hoogh ebenfalls kein ganz unbekanntes Gesicht.

Gamers Special 01/1993Bei der »Gamers« geht’s derweil auch nicht sehr geordnet zu. So ist die Februar/März-Ausgabe die letzte mit Heinrich Lehnhardt und auch sonst wird die Redaktion bunt durchgemischt. Ab März erscheinen vierteljährlich »Gamers« Special zum Preis von DM 9,80 (€ 5,01). Mit der Oktober/November-Ausgabe gibt es nun auch für Gameplay und Dauerspaß Einzelwertungen. Ab der Dezember/Januar-Ausgabe muss zusätzlich ein Award her.

Sega Magazin 09+10/1993Seit September ist mit dem »Sega Magazin« ein weiterer Mitbewerber am Start. Es kostet fünf Mark (€ 2,56) und umfasst 100 Seiten. Das Heftformat ist etwas kleiner als DinA4. Die Texte sind etwas kürzer als bei den Mitbewerbern, in Sachen Farbe und bunte Hintergründe steht das »Sega Magazin« der »SegaPro« in nichts nach. Genutzt wird ein Prozentsystem mit Einzelwertungen für Grafik und Sound, sowie einer Gesamtwertung.

Beim Mega CD II ist die Redaktion hin und weg vom Medium CD und kann ihre Freude nur begrenzt im Zaum halten. Bereits im zweiten Heft darf man sich auf den Leserbriefseiten über Konkurrenzbashing freuen.


1994 – Mehr und weniger

Gamers 09/1994Bei der »Gamers« gibt es mit der Ausgabe 03/1994 einen Wechsel in der Chefredaktion, Ulrich Mühl führt sie nun alleine, statt mit Matthias Siegk zusammen. Die Sonderheftreihe »Gamers Special« wird eingestellt. In Ausgabe 04/1994 werden die Pro- und Kontrapunkte aus dem Wertungskasten ausgegliedert. Ab September kommt »Gamers« monatlich, es gibt Sammelkarten und die Zeiten des glänzenden Papiers sind vorbei. Der Award bekommt ein Facelifting.

SegaPro 09/1994»SegaPro« tritt 1994 in ihr letztes Jahr an. Im Juli sinkt der Preis von DM 6,50 (€ 3,32) auf DM 5,80 (€ 2,97), das Layout wird überarbeitet, die Redaktion wird ausgetauscht und von Paragon Publishing geht’s zu Alchemy Publishing. Die Chefredaktion hat von nun an Peter Wolter inne. Vermutlich erscheint mit Ausgabe 09/1994 am 2. September die letzte »SegaPro«, genaue Recherchen gestalteten sich hier als äußerst schwierig.

Sega Magazin 02/1994Im Januar erscheint das »Sega Magazin« monatlich und legt zu beginn eine überdimensionale Sonic 3-Story bei. Der Heftumfang ist stets mit 100 oder mehr Seiten ordentlich, allerdings sind satte 32 Seiten für Tipps und Tricks vorgesehen und auch ein Poster nagt an der Seitenzahl. Am 27. April erscheint das erste Tipps und Tricks-Sonderheft. In Ausgabe 06/1994 wird in den Leserbriefen auf die zweimonatliche Konkurrenz hingewiesen, die auch nicht mehr Seiten hat. Am 29. Juni erscheint das zweite Tipps und Tricks-Sonderheft – es sollte gleichzeitig das letzte werden. Im November ist es dann auch beim »Sega Magazin« soweit, die erste Preiserhöhung von fünf Markt auf DM 5,80 steht an. Hans Ippisch freut sich in der Dezember-Ausgabe, dass die Leser die Preiserhöhung so gut weggesteckt haben. Computec geht einen uns allen bekannten Weg und reduziert erstmal die Papierqualität.


1995 – Ein Etablierter kommt ins Straucheln

Gamers 12/1995Im März sieht sich »Gamers« dazu gezwungen den EVT „anzupassen“ und so bekommt auch das Sega-Segment seine falsche Heftnummerierung. Mitte Juni übernimmt Reza Abdolali die Chefredaktion der »Gamers« von Ulrich Mühl.

Der November wird kein schöner Monat für die Redaktionen der „MVL-Titel“. Der Verlag ist pleite »Gamepro« und »Electronic Entertainment« werden eingestellt, »Total!« 12/1995 und »Gamers« 01/1996 erscheinen nicht.

Deutlich weniger aufregend verläuft es beim »Sega Magazin«. Ab August wird ein 16seitiges »Saturn Magazin« in die Heftmitte geheftet. Der Saturn wird zur absoluten Wunderwaffe und wischt mit Pentium-PC und PlayStation den Boden auf. Man orakelt, für die PlayStation wird es mangels Modulschacht schwierig mit einem Action Replay werden… Da hatte die Glaskugel wohl einen kleinen Sprung. Vor allem auf den Leserbriefseiten kennt das Konsolengebashe gegen Ende des Jahres kein halten mehr.


1996 – Tod einer Legende

Gambler 04/1996Der neugegründete X-plain Verlag führt das Nintendoheft »Total!« fort und versucht dies auch mit der »Gamers«. Die Ausgabe 02+03/1996 muss aufgrund von Rechtsstreitigkeiten jedoch zurückgezogen werden. Es wird noch eine Ausgabe 04/1996 unter dem Namen »Gambler« produziert. Danach ist das »Sega Magazin« das einzig noch in Deutschland verbliebende Sega-Heft.

Das »Sega Magazin« rüstet sein Abo auf: Ab Ausgabe 10/1996 gibt es alle zwei Monate eine Saturn-Demo-CD. Thema Saturn, das „Heft in Heft“ »Saturn Magazin« wird immer präsenter. Zieht man den noch immer 32seitigen Tipps und Tricks-Teil ab, bleiben nicht mehr allzu viele Seiten »Sega Magazin« übrig.


1997 – Alleinherrschaft

Sega Magazin 01/1997Mehr oder weniger zum 1. Geburtstag ohne Mitbewerber vergrößert das »Sega Magzin« sein Format auf DinA4.

„Würden wir immer alle wüsten gegenseitigen Beschimpfungen von Saturn-Usern und PlayStation-Freaks abdrucken, könnten wir locker zehn Seiten füllen. Wir versuchen uns, soweit es geht, aus allem rauszuhalten, was leider nicht immer gelingt.“ (05/1997, S. 95)

Der Versuch ist allerdings mehr als halbherzig. Es vergeht keine Ausgabe, in der nicht auf den Leserbriefseiten gegen die PlayStation gebasht wird und für die Saturn-Konsole nicht irgendwelche Pro-Argumente gefunden werden.

Mit Ausgabe 06/1997 steigt Abopreis um 10 Mark (€ 5,11). In Ausgabe 09/1997 will man endlich vom „Saturn vs. Rest der Konsolen“-Gebashe Abstand nehmen und zukünftig keine derartigen Leserbriefe mehr abdrucken. Zwei Monate später ist der Vorsatz bereits gescheitert.

Ausgabe 10/1997 trennt sich endlich von der komplett sinnbefreiten Heftteilung »Sega Magazin« und »Saturn Magazin«, außerdem wird der »Helmi«-Comic auf den Leserbriefseiten eingeführt. Mitte Dezember feiert man mit Heft 01/1998 die 50. Ausgabe.


1998 – Abozwang

Das Jahr 1998 beginnt mit der Februar-Ausgabe. Der 32seitige Tipps und Tricks-Teil wird rausgeschmissen, stattdessen gibt es vier Poster. Um den Preis stabil halten zu können, sinkt der Heftumfang von 100 auf 84 Seiten.

Sega Magazin 05/1998Zudem werden aufgrund der geänderten Produktsituation weitere Änderungen für Ausgabe 05/1998 angekündigt. Diese werden dann auch schon in Ausgabe 03/1998 bekannt gegeben. Der Paukenschlag: Das »Sega Magazin« erscheint ab Ausgabe 05/1998 nur noch im Abo zusammen mit Computecs Multiformatmagazin »Mega Fun«.

Im Aprilheft werden die Zukunftspläne vorgestellt: Zum Start der neuen Sega-Konsole will man mit einem neuen Heft inkl. Demo-CD am Kiosk zurück sein. Die computectypische Konstruktion, dass der leitende Redakteur das Heft führt, wird aufgehoben, Hans Ippisch wird zum Chefredakteur.

Da das »Sega Magazin« nun der »Mega Fun« beiliegt, wird der Erstverkaufstag um eine Woche vorgezogen und das Mai-Heft erscheint am 1. April. Der Heftumfang schrumpft auf 32 Seiten. Der PAL-Saturn ist im Laufe des Jahres tot, Ende 1998 kommen die letzten Demo-CDs für die Abonnenten des Saturn-CD-Abos.


Hiermit endet Teil 1 Magaziniac-History über die Sega-Zeitschriften. Teil 2 folgt in den kommenden Tagen und beginnt 1999 mit dem „Dreamcast-Jahr“ und endet 2001 mit Segas Ausstieg aus dem Konsolengeschäft.

Dir hat dieser Eintrag gefallen? Magaziniac-History ist auch für
Xbox Magazine von 2002 bis 2007 und PlayStation-Magazine von 1996 bis 2008 erschienen.

6 Antworten zu „Magaziniac-History: Sega – Teil 1“

  1. Achzo sagt:

    Interessant zu lesen; vielen Dank!

  2. HomiSite sagt:

    Da ich vor Dreamcast nie viel mit Sega zu tun hatte, habe ich diese ganzen frühen Magazine niemals gelesen – ich glaube, nicht mal in den Händen gehalten.
    Irgendwie war ich schon immer skeptisch bei Magazinen über nur ein System/Hersteller. Die TOTAL! fand ich bspw. lange Zeit sehr gut, die N-Zone… nicht :-).

  3. Morn sagt:

    Ein wunderbarer Überblick längst vergangener Zeiten – vielen Dank!

  4. Valu sagt:

    Toll! Super! Genial!
    Habe mir auch die beiden anderen Rückblicke vom letzten Jahr gerade durchgelesen. Sehr interessant! Wahnsinns Arbeit! Danke!

  5. Rudi Ratlos sagt:

    Ach ja, das Sega-Magazin XD Erinnere mich noch dunkel an die ewigen Vorschau-Reihen für für eines der letzten (PAL)-Mega Drive Games (Jump ’n Shoot mit X-…irgendwas im Namen), das auch gerenderte Charaktere hatte und als es dann einen Test gab, haben sie das Teil auf Krampf schön geredet 🙂
    Waren schon ein lustiger Haufen und eigentlich hätten die meisten Redakteure auch keine Tests schreiben dürfen…

  6. Andreas K. sagt:

    @Rudi Ratlos: Das Spiel mit X hieß X-Perts und sollte die „Wunderwaffe“ gegen das damalige Supergame Donkey Kong werden. Das überzeugte mit CGI-Renderings und sowas wollten die Sega-Fans halt auch haben. Und jetzt ein Satz mit X: X-Perts, das war wohl niX. Das Game ist nie offiziell erschienen – mangelnde Qualität.

    Das hinderte das Sega-Magazin nicht daran, monatelang DAS beste Game für den MD anzukündigen. So in der Machart.

    PS: Reza Abdolali wurde durch einen Ausscheid von Gamers und Sega 1993 (oder 1992?) Videospielchampion und Praktikant bei der Gamers. Einen steilen Aufstieg hatte er danach ;). Interessantes zu den Magazinen auch unter http://www.kultboy.com

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