Nekrolog Spielehefte 2009

Die letzten Tage des Jahres 2009 brechen an – Zeit um zu schauen, welche Spielemagazine uns dieses Jahr verlassen mussten. Fünf sind es an der Zahl, darunter auch ein ehemaliges Schwergewicht, Bauers Bravo Screenfun.

Bravo Screenfun

Bravo Screenfun 06/2009Chefredakteur: Holger Reher
Segment: Multiformat-Magazin
Verlag: Bauer Verlag
Preis: € 4,50
Erscheinungsweise: monatlich
Erstausgabe: 04/1997 (Testausgabe) bzw. 11/1997
Finalausgabe: 06/2009 (20.05.2009)
Ausgaben gesamt: #141

Die Leidensgeschichte der Bravo Screenfun ist lang und von zahllosen verlegerischen Fehlentscheidungen geprägt. Alles begann damit, als dem Heft eine zweite CD beigelegt wurde und der Heftpreis von € 3,00 auf € 3,99 stieg. Mutig so einen Preis bei der jungen Zielgruppe des Heftes zu verlangen. Noch mutiger war es allerdings, ab 2004 den Begleit-CDs oft eine Alterfreigabe von 16 Jahren zu verpassen. Ohne die Waffe Personalausweis musste der damals 16jährige Autor dieses Blogs gelegentlich ohne Bravo Screenfun vom Kiosk ziehen. Es ging weiter, die DVD wurde eingeführt, der Heftpreis stieg abermals auf nun € 4,50 und die Auflage fiel munter weiter. Ein verkorkstes Redesign und zahlreiche 16er und 18er Coverthemen später wurde die Redaktion um Anatol Locker im April 2007 direkt nach dem zehnten Heftgeburtstag vor die Tür gesetzt. Ran durften dann ein paar Jungs um Stephan Freundorfer und Thorsten Küchler, die versuchten ihrer Zielgruppe gerechte Spiele zu servieren. Der Relaunch plante auch, dass die Bravo Screenfun von nun an statt bei den Spieleheften bei den Kinderzeitschriften platziert werden sollte. Die wenigstens Kioskbesitzer folgten der Aufforderung.

Pubertären Jungs mundet es ganz und gar nicht, wenn man ihnen ihr liebstes Spielzeug (Ballerspiele ab 16, besser ab 18) vorenthält und so setzte die Auflagenentwicklung ihre Talfahrt fort. Nur ein Jahr später (ab 05/2008) wurde die Screenfun von Holger Reher Redaktionsteam erstellt oder passender beschrieben: abgewickelt. Der einstmals schicke DVD-Inhalt, geprägt von RPG-Maker-Spielen, verkam zur Trailershow, das ganz hübsche Layout des zweiten Teams wurde durch Marke „Eigenkreation und zwei Minuten“ ersetzt und von Heftinhalt konnte man auch nicht mehr sprechen. Buntbedrucktes Papier mit ein paar versehentlich draufgeklecksten Buchstaben trifft es eher. Die Rückkehr der Coverstorys um Call of Duty, Tenchu, Call of Juarez, Far Cry, Killzone und allem, was sonst für kleine Kinder nicht geeignet ist, brachte keinen Aufschwung mehr. Mit kläglichen 11.616 verkauften Exemplaren aus dem ersten Quartal 2009 und den Worten „die nächste Ausgabe erscheint am…“ verabschiedete sich die Bravo Screenfun am 20.05.2009.

Games4Girls

Games4Girls 02/2009Chefredakteur: Jo Löffler
Segment: Multiformat-Magazin
Verlag: Panini Verlags GmbH
Preis: € 3,50
Erscheinungsweise: sporadisch
Erstausgabe: 01/2009 (05.08.2009)
Finalausgabe: 02/2009 (18.11.2009)
Ausgaben gesamt: #2

Panini versuchte sein Glück im Bereich der Kinderspielehefte und wollte eine Game Master für Mädchen machen. Schön bunt, aber wer soll’s kaufen? Kinder in dem Alter wissen ganz genau, was sie wollen und sind dort auch beratungsresistent. Der Versuch war mutig, die zweite Ausgabe, die aktuell noch am Kiosk liegt, verkauft sich aber wohl so schlecht, dass bereits zwei Wochen nach erscheinen von Ausgabe #2 die Hefteinstellung bekannt gegeben wurde. Ein wenig überraschend ist es dennoch, da Panini an anderen Stellen bereits einen deutlich längeren Atem bewies und Ausgabe #3 erst im Mai 2010 erscheinen sollte.

gamesTM

gamesTM 01/2010Chefredakteur: Richard Löwenstein
Segment: Multiformat-Magazin
Verlag: Airmotion Games GmbH
Preis: € 3,90
Erscheinungsweise: zuletzt monatlich
Erstausgabe: 04/2008 (05.03.2008)
Finalausgabe: 01/2010 (02.12.2009)
Ausgaben gesamt: #18

Auch Versuch Nummer #2 die gamesTM in Deutschland zu etablieren scheiterte. Dabei wollte Richard Löwenstein doch alles besser machen, als die Vorgänger vom Pro Verlag. Geringerer Preis, bessere Ausstattung, kein übersetzter Eindruck etc. pp. Heftformat größer, anderes Coverdesign, zweimonatliches Erscheinen, Klammerheftung statt Klebebindung und wieder andere Covergestaltung – genützt hat das alles nichts. Die noch am Kiosk befindliche Ausgabe 01/2010 ist die letzte, wenigsten geht sie mit einer ordentlichen Verabschiedung von uns. Aber tröstest euch, auch in den Niederlanden ist bereits 2008 nach einem Dreivierteljahr der Versuch gescheitert das Magazin zu etablieren. GamesTM läuft wohl oder übel nur als Prestigeobjekt von Imagine Publishing in England.

Kids Gamer

Kids Gamer 04/2009Leitende Redakteurin: Silke Menne
Segment: Multiformat-Magazin
Verlag: Computec Media AG
Preis: € 3,50
Erscheinungsweise: vierteljährlich
Erstausgabe: 01/2007 (12.09.2007)
Finalausgabe: 04/2009 (09.09.2009)
Ausgaben gesamt: #9

Was das sollte, weiß Computec wohl selbst nicht, hatte man mit der alten Games and More (1998-2000) doch bereits Erfahrung im Segment der Kinderspielehefte und wusste, wie ein ansprechendes Heft aussehen kann. Kids Gamer hätte um 1995 herum aktuell ausgesehen, wäre aber auch schon damals zu der Zeit aufgrund der Erscheinungsweise absolut überflüssig gewesen. Die Artikel konnten zu keiner Zeit dem direkten Mitbewerber Game Master das Wasser reichen und so wurde Kids Gamer im Zuge der allgemeinen Portfoliobereinigung von Computec aussortiert.

Wii Player – Das Magazin

Wii Player 08-11/2009Leitender Redakteur: Christoph Kraus
Segment: Nintendo-Magazin
Verlag: Computec Media AG
Preis: € 2,90
Erscheinungsweise: vierteljährlich
Erstausgabe: 05+06/2007 (18.04.2007)
Finalausgabe: 08-11/2009 (15.07.2009)
Ausgaben gesamt: #12

Computec versuchte die Wii-Spieler zu erreichen, die man mit einem normalen Spieleheft nicht erreichen kann – und scheiterte. Wer nur Titel á la Wii Fit und Kochkurs für den DS zockt, kauft keine N-Zone, also bekommt er oder sie ein Heft, dass sich nur mit solchen Spielchen befasst. Nützt nur nichts, denn Wii Player lag stets bei den Spieleheften, also dort, wo eben beschriebene Zielgruppe nicht hinschaut. Als Beilage zu einer Fernsehzeitung oder Frauenzeitschrift wäre Wii Player sicherlich ein Renner gewesen, so verstaubte es bestenfalls am Kiosk. Das ewige Hin- und Her mit dem Heftpreis von € 2,99 über € 3,30 zu € 3,90 zu € 2,90 half letztlich auch nicht dem Heft einen klaren Kurs vorzugeben.

Aufmerksamen Lesern wird auffallen, dass noch einige Titel noch fehlen mögen:

  • „X3 – Das beste für deine Box“ war zwar schon offiziell eingestellt, erscheint aber nun als Zweimonatsmagazin zum Sonderheftpreis weiter
  • PC Games Hardware Extreme ist ein Hardware-Magazin und fehlt deswegen in der Liste
  • Games Total, ein Sondermüllprodukt des englischen Abfallproduzenten LCD Publishing, erschien als einzelnes Heft nur einmalig. Eine zweite Ausgabe wurde allerdings im Bundle mit einem weiteren nährwertlosen Kinderheft verkauft. Ob weitere Folgen ist nicht bekannt. Ich halte es wie mit den Papercut-Heften und nehme nur halbwegs ernste Magazine auf
  • Gamers.de Print wurde gratis verteilt, war also nicht normal am Kiosk erhältlich. Mir liegen auch keine Exemplare vor
  • Die Einstellung von Cheat Commander wurde nicht wirklich kommuniziert, die letzte Ausgabe erschien aber bereits 2008
  • Level 1. Der Running-Gag um das Spielemagazin von Raptor Publishing geht ins dritte Jahr. Anfang Januar folgt eine neue Episode über fruchtlose Versuche ein aktuelles Heft zu bekommen

Lifelog Spielehefte 2009 folgt in den kommenden Tagen.

3 Antworten zu „Nekrolog Spielehefte 2009“

  1. dancle sagt:

    Gabs bei der Screenfun-CD-Version nicht zwei Ausgaben? Ich kann mich erinnern, das sowohl eine 3€-Ausgabe mit einer CD da lag, als auch eine Ausgabe für 3,99€ mit 2 CDs. Z.b. war auf der ersten CD „Rollercoaster Tycoon“ und auf der zweiten CD das Addon. Nur wer die Höherwertige Ausgabe gekauft hatte, hat quasi alles bekommen. Aber teilweise war die zweite CD auch überflüssig, da hatte ich dann immer zur Ausgabe mit einer CD gegriffen.

  2. Evil sagt:

    Es gab 2003/2004 sporadisch auch Ausgaben, die mit 2CDs ausgestattet waren, allerdings waren die nur in Testgebieten erhältlich. Meine Stadt gehörte nicht dazu. Im Normalfall hat eigentlich nur eine Variante am Kiosk gelegen, lediglich die Ausgaben 10/2005 bis 01/2006 waren Bundesweit sowohl mit DVD als auch mit 2CDs erhältlich.

    Dass Bauer natürlich in bestimmten Regionen mal getestet hat, was besser läuft(1CD oder 2CDs), ist gut möglich.

  3. dancle sagt:

    Achso, ok. Dann hatte ich vermutlich nur Glück oder ne gute Bahnhofsbuchhandlung. Ich wünsche dir definitiv noch ein schönes Restjahr. Guter Blog ;).

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