Der letzte Blogeintrag hatte zu Folge, dass ich einen Hinweis bekam, ich würde selbstgerecht Urteilen und keine Lösungsvorschläge parat haben. Nun, ist es meine Aufgabe oder die der Redaktion ein Heft zu produzieren, welches seine Käufer findet?
Den Auflagenschwund sehe ich ganz klar als hausgemachtes Problem an. Zulange wurden versucht Dinge zu retten, die nicht mehr zu retten sind; zu oft wird nur auf Auflagenstrohfeuer gesetzt, die nur einmalig oder kurze Erfolge bringen; zu wenig hat man sich der Weiterentwicklung der Käuferschaft angepasst. Liebe Redaktionen und vor allem liebe Verlagsleitungen: Willkommen in der Gegenwart!
Die Übeltäter
Vier Entertainment-Verlage bestimmen das Geschehen der Spielepresse an deutschen Kiosken. Die beiden großen Computec und IDG, sowie die beiden kleinen Cybermedia und Live Emotion. Dazu gesellen sich noch Axel Springer und Heinrich Bauer mit ihren Zwitterheften (Konsole+PC) Computer Bild Spiele und Bravo Screenfun, sowie die Redaktionswerft mit ihrem „Liebhaber“ Titel GEE und Airmotion mit 360-Live. Die Probleme der einzelnen Hefte und Verlage mögen recht unterschiedlich sein, lassen sich aber auf einen gemeinsamen Punkt reduzieren: Das was produziert wird, wollen immer weniger Leute kaufen.
Der Stand am Kiosk
PC
Nach dem wenig rühmlichen Abgang des Pleitegeiers PC PowerPlay schreien wieder nur noch drei PC-Spielehefte am Kiosk nach Käufern.
PC „wir haben über eine Millionen Leser, aber nur 150.000 Käufer“ Games, „wir sind das meistabonnierte Spieleheft Europas“ GameStar und PC „Flachwitz“ Action.
Um einmalig den schnellen Käufer zu bekommen sind sich Computec und IDG für fast nichts zu schade. Computec erschlägt zum Beispiel den geneigten Leser gern mit einer Vielzahl an Varianten.
Was hätten Sie denn gern?
Das pure „Lesevergnügen“ Magazin, die Ausgabe mit DVD oder doch eher die mit zwei DVDs und 32 Extraseiten + Poster zur Vollversion? Vielleicht aber auch die Plastiktüte zum saftigen Preis von 9,99 zusätzlich mit Poster, Kalender und Eiskratzer (!) oder doch lieber das Package mit Magazin + PC Games World of Warcraft?
Beim Schwesterheft sieht es nur unwesentlich besser aus: Heft + DVD, Heft + DVD + Film oder Heft + Plastik… äh Premiumtüte.
Auch IDG entschied sich diesen Monat nun dazu in den Höchstpreissektor einzusteigen. Neben den Standards Magazin, DVD und XL (2 DVDs) gibt es nun auch eine XXL-Ausgabe. Diese beinhaltet zusätzlich neben der XL-Ausgabe noch ein Extraheft und einen Kalender.
Wenn eine Zeitschrift in fünf verschiedenen Varianten ausliegt, verliert man zwangläufig die Übersicht. Wer hat die Zeit sich jede anzusehen, welche den eigenen Geschmack am besten trifft und vor allem, welches Regal bietet genug Platz um all diese Ausgaben auch zur Geltung zu bringen?
Vor allem bei den PC-Spieleheften gilt: Viel hilft viel.
Vier Vollversionen bei der GameStar XL, drei Spiele bei der PC Action, drei Spiele bei der PC Games Extended. Um zu zeigen, dass die Hefte viel Inhalt haben, ist gleich das Inhaltsverzeichnis mit auf dem Cover abgedruckt. Damit nicht die Gefahr besteht am Kiosk unterzugehen, werden noch die Sonderfarben Gold und Silber, sowie die Neonfarben von Grün, Pink und Orange eingesetzt.
Was passiert nun, wenn alle das machen? Richtig, der Effekt verpufft. Dann liegt ein grell-buntes Farbenmeer vor mir und keiner der Titel erregt meine Aufmerksamkeit. Das Auge weiß gar nicht, wohin es zuerst gucken soll, es fühlt sich überfordert.
Nun könnte man meinen, im Umkehrschluss: Weg mit den Knallfarben und weniger Text aufs Cover. Nein, auch das hilft nicht. Monothematische Cover ohne Text sind Auflagengift. Die Erfahrung durfte die PC Games bereits machen. Wenn beides nicht die Lösung ist, was dann?
Die Mischung macht’s. Leider ist die Games Aktuell aus der IVW ausgetreten und die 360-Live war nie drin, also kann ich mich an der Stelle nur auf die Aussage der Chefredakteure stützen. Beide Hefte setzen auf das Konzept dem Titelstoryartwork viel Platz einzuräumen. Gleichzeitig werden weitere wichtige Themen, maßvoll aber bestimmt in Textform erwähnt. So wird man deutlich auf andere Themen aufmerksam, sollte einen die Coverstory nicht interessieren, wird aber auch nicht gleich erschlagen.
360-Live soll mit diesem Konzept zum meistverkauften, unabhängigen Xbox-Magazin aufgestiegen sein und die Games Aktuell soll sich auch deutlich besser verkaufen als zu Zeiten von „Cover bis auf den letzten Millimeter gefüllt“. Dies sind natürlich nicht die alleinigen Gründe, zu den Inhaltlichen später mehr.
Vollversionen
Durch die Flut des süßen Giftes „Vollversion“ hat man sich den Markt kaputt gemacht. Ob die CBS damit angefangen hat und damit die Schuld trägt oder PCG, GS und Co. weil sie auf diesen Zug aufgesprungen sind, sei dahingestellt. The Partners, 4-4-2-Fußball-Manager oder Carmageddon TDR 2000 sind Vollversionen um der Vollversionswillen. Damit generiert man keine Verkäufe, die Titel haben keine Zugkraft.
Wer nicht gerade sein Hobby zum Beruf gemacht hat und einer „normalen“ Arbeit nachgeht, wird kaum die Zeit haben jeden Monat fünf Spiele komplett durchzuspielen. Die pure Masse an Vollversionen ist nicht nur für den Verlag teuer, sie ist auch schier nutzlos für den Käufer. Ein hochwertiger Titel regt durchaus zum Kauf an, eine Hand voll schlechter hingegen nicht, zumindest nicht mehr. Denn mittlerweile ist auch ein Übersättigungseffekt eingetreten. Die Vollversionen werden eh zwischen allen Heften hin und her gereicht, wenn man noch ein paar Monate Geduld hat, tauchen die meisten Wunschtitel auch im eigenen Heft auf, wenn man mal von Übertiteln wie Diablo II absieht.
Problem an den Vollversionen ist der gefühlte Mehrwert, den ein Heft dadurch erlangt. Auf den möchte man als Käufer natürlich nicht verzichten. Wenn man an kein Heft gebunden ist „Gelegenheitskäufer“, zieht man ein Heft mit Vollversion dem ohne Vollversion vor.
Erschreckend, aber wenig überraschend ist wohl die Nutzungsquote der Vollversionen. Laut Aussagen einiger Redakteure soll sie bei weit unter 10% liegen. Wen wundert’s? Ich werde Racing Simulation 3 nicht noch mal spielen, wenn es zum dritten Mal in einem Heft landet, schon gar nicht, weil mir Rennsimulationen sonst wo vorbeigehen.
Konsole
Die Vorgeschichte
Ende 2000/Anfang 2001 fand die erste, richtig große Marktbereinigung in diesem Segment statt. Das Dreamcast-Aus bedeutete natürlich das Ende für alle Sega-Magazine. Das schwächelnde N64 und der noch weit entfernte GameCube trugen auch Total! und Nintendo Fun Vision zu Grabe und der völlig überhitzte PlayStation-Sektor kostete „Auf der Welle mitschwimm“-Heften wie SuperPlay und Planet for PlayStation genauso das Leben wie den Alteingesessenen World of PlayStation und PowerStation. Da es zu dem Zeitpunkt mit Multiformat sehr schlecht aussah, ging dort allen Heften, bis auf der Man!ac das Licht aus.
Übrig blieben im Prinzip nur die Starken, im einzelnen OPM1 und OPM2, play, PlayZone, N-Zone, Big.N. Die Hefte mit Ramschpreis (PSG und players) strichen die Segel, während die PlayZone ihren zweiten Frühling erlebte und OPM2 Kurs auf die 100.000 nahm. Eitelsonnenschein konnte man das zwar nicht im PlayStation-Sektor nennen, dennoch lief alles verhältnismäßig gut.
In Nintendobereich konnte man leider nicht davon reden. Zwar versuchten sich drei Verlage am Cube-Magazin, erfolg hatte letztlich keiner. Genauso kam die Big.N (später N-Games) nicht mehr über ihr Nischendasein hinaus. Die N-Zone behielt ihre marktdominierende Position, wenn auch auf niedrigem Auflagenniveau.
Der neue Sektor der Xbox-Magazine blieb auch ein kleiner „elitärer“ Kreis. Dahingeschluderte Übersetzungen wie XBM für € 5,90 oder ein seelenloses grau-in-grau à la Xbox-Zone für 6,99 konnten keine Erfolge verbuchen.
Daran den neuen Multiformatbereich aus PS2/GCN/Xbox zu besetzen, zeigten die Verlage nur verhaltenes Interesse. Einzig und allein IDG startete mit der GamePro einen Versuch, der Erfolg haben sollte. Die GamePro ist kein klassisches Multimag mehr, wie die Man!ac sondern irgendwo ein „gewöhnliches“ Konsolenheft ohne Freakcharakter, nur halt für alle Systeme. Der letzte Konsolentestballon vom media Verlag platzte wohl aufgrund der übermächtigen GamePro.
Das geschah danach
Der kurzweilige „Auflagenboom“ verpuffte schnell und es wurde mit den Fehlern begonnen, die wir als Leser heute zu spüren bekommen. Die Technik und das Internet schreiten schnell voran und gehen auch an den Konsoleros nicht vorbei. Resultat: Die Auflagen gehen runter.
Panisch verbrät man zu erst einen Stammleser nach dem anderen, in dem an im Kern guten Heften immer mehr rumfuscht. Da werden Testübersichten mit einem riesigen Zirkus eingeführt um sie nur kurze Zeit später wieder aus dem Heft zu kicken. Marktforschung und Fokusgruppenbefragungen lösen die klassischen Leserumfrage und das Hören auf Leserfeedback größtenteils ab. „Ihr schreibt zu viel, fasst euch kurz!“, „alles wirkt so gedrungen, mehr Bilder, größere Schrift, weniger Text“ sind die dortigen Ergebnisse. Resultat am Kiosk: Die Auflagen gehen runter.
Statt sich zu überlegen, ob die durchgeführten Neuerungen so gut waren reitet man sich immer und immer tiefer in die Probleme. Die Redaktionen schrumpfen und die Umfänge sinken, die Textqualität nimmt rapide ab. Resultat: Die Auflagen gehen runter.
Gefangen im Teufelskreis gehen zum Beispiel der play die Lichter aus.
Jetzt
Aufgrund von Managementfehlern haben wir keinen CyPress-Verlag mehr, Computec konzentriert die Macht derweil bei sich.
Ob die neue play3 von Computec, PlayZone, N-Zone, GamePro etc. . Das was am Kiosk liegt besteht aus 100 Seiten, bei ganz viel Werbung auch mehr, muss aber nicht, hat eine Redaktion von drei-vier Leuten + Praktikanten und geht von den Auflagen nur in eine Richtung – nach unten.
PC-Spiele- und Konsolenhefte – Gemeinsam sind wir schwach
Zurück zum Vorwurf die Probleme sind hausgemacht. Wer erinnert sich nicht gerne daran zurück, wie er die Tage am Kalender bis zur nächste Ausgabe seines Lieblingsheftes runtergezählt hat und am Erscheinungstag zum Kiosk rannte, um sich die neue Ausgabe zu kaufen und anschließend komplett zu verschlingen?
Und heute?
Nach einer Stunde habe ich eine PlayZone komplett durchgelesen. Vielleicht dauert es auch ein paar Minuten länger, weil ich während des ein oder anderen Artikels eingeschlafen bin. Die Ausgabe werde ich danach nie wieder in die Hand nehmen, höchstens um noch mal die Wertungen abzutippen. Bei der GamePro frage ich mich, wie ein Multiformater seinem Namen wirklich gerecht werden will, wenn viele Titel aufgrund des Platzsmangels aus dem Heft fliegen. Oder nur ne halbe oder Drittelseite platz bekommen. Schnell die wichtigsten Fakten runtertippen, für mehr ist kein Platz. Die 800-1200 Zeichen reichen nicht, um einen schönen Text zu schreiben, den man gerne auch noch ein zweites Mal liest.
Weiteres Problem: Die Zahl der festen Redakteure sinkt. Wenn überhaupt, wird der „Redaktionspool“ mit Praktikanten aufgefüllt. Schön in den Job so mal reingucken zu können und auch schön kostengünstig für den Verlag, zwiespaltig für den Leser. Kaum hat man sich an einen Schreiberling gewöhnt, kennt seine Vorlieben, weiß inwieweit sie mit dem eigenen Geschmack übereinstimmen, ist er auch schon wieder weg. Auch die Textqualität schwankt infolge dessen, weil nicht jeder von Haus aus Topartikel abliefert. Gewisse Feinheiten kommen erst nach einiger Übung unter Realbedingungen. Dies soll kein Vorwurf an die Praktikanten sein, es schlummern bestimmt etliche gute Schreiber unter ihnen, aber den Unterschied an Schreiberfahrung liest man in der Anfangszeit leicht mal heraus. Nur kann es nicht Ziel und Zweck sein, im vierteljährlichem Rhythmus, den Lesern neue Leute vorzusetzen, die diese Erfahrungen erst wieder machen müssen.
Wenn ich anführe, wie unterschiedlich die Hefte 1999 waren und wie sehr sie ihr eigenes Profil hatte, bekomme ich als Antwort lediglich: „1999 ist nicht 2007 – vieles von damals funktioniert heute nicht mehr“, sowie das Eingeständnis „man ist näher zusammengerückt, aber wer sich bewegt verliert“.
Ich halte dagegen: Wer sich nicht bewegt, verliert auch.
Hab ich irgendwo geschrieben, dass ich die 40 Seiten Tipps & Tricks zurück will? Nein.
„Was dann?
Tests? Hardware? News? Previews? „Reports“ über Raubkopien, Online-Sucht und Killerspiele? Noch mehr Vollversionen? Drei oder vier DVDs? Poster? Booklets?“
Unverständnis
Irgendwie hab ich so das Gefühl, man möchte das eigentliche Problem nicht so ganz verstehen. Ich will nicht noch mehr Beilagen haben. Die sind hin und wieder ganz schön als Geschenk für die treuen Leser, mehr aber auch nicht. Mit einer WoW-Premiumtüte hole ich mir einmalig WoW-Käufer, niemanden sonst. Und denen wird danach auch das Heft wieder egal sein. Diese „Quickwins“ bringen schlicht keinen dauerhaften Erfolg. Den bekommt man nur, wenn man den Leser an das Heft durch gute Texte bindet.
Das Problem ist, Qualität braucht Zeit um sich durchzusetzen. Schnelle Erfolge wie mit einer Knallervollversion oder einem tollen Extra kann man damit nicht erzielen.
Für ein FIFA, Need for Speed, Tony Hawk, WoW-Addon oder einen neuen Sims-Teil brauche ich kein Heft, dass mir sagt, „alles toll, aber das gleiche wie jedes Jahr“. Die Spiele kaufe ich mir unabhängig davon, was eine Zeitschrift sagt. Es hätten auch alle Hefte C&C3 verreißen können und ich hätte es mir trotzdem gekauft.
Ich möchte gerne einen guten Überblick haben, über alles, was im Monat erscheint. Da brauche ich keinen 16-Seiten-Test aber auch keinen Sechstelseiter mit einer Aussagekraft von Null.
Wertungssysteme jenseits von Gut und Böse
Das in Deutschland so weit verbreitete Prozentsystem ist für viele Spiele einfach untauglich geworden. Noch viel schlimmer ist die Art und Weise, wie es zum Einsatz kommt. Ich kann ein Casualgame nicht gerecht bewerten, in dem ich Grafik, Sound usw. zusammenaddiere und meine damit Aussagen zu können, wie viel Spielspaß es macht. Genauso ist es witzlos behaupten zu können ein MMORPG, einen 200h Strategietitel oder wieder auch ein Casualgame mit einer Motivationskurve bewerten zu können. Um Spiele eines solchen Ausmaßes zu testen, hat keine Redaktion der Welt Zeit so lange zu spielen, um eine gescheite Kurve zu zeichnen. Genauso verhält es sich mit Spielen für die Mittagspause. Da will ich ne Viertelstunde am Stück Spaß haben und nicht wissen, ob es mir nach zehn Stunden hintereinander zum Hals heraushängt. Es soll viele Tage kurz Spaß machen und nicht in an zwei Tagen je zehn Stunden, das ist nicht das Ziel solcher Spiele.
Zielgruppe gesucht
Um bei den PC-Heften zu bleiben. Die haben natürlich auch das große Problem, dass viele Spieler an World of Warcraft oder Sims hängen und nichts anderes mehr spielen oder kaufen. Zu beiden Spielen gibt es regelmäßig gut laufende Sonderhefte. PC Games World of Warcraft soll laut Computec 60.000 mal über die Ladentheken wandern und auch buffed Print hat voll eingeschlagen. Kein Datenträger und € 5,90 teuer. Die Zeitschrift war vielerorts ausverkauft, die übriggebliebenen Hefte kann sich der Verlag auch vergolden lassen. Bei Heft #2 sieht es ähnlich aus. Was hat buffed also anders gemacht? Es hat ein frisches buntes Layout und hebt sich vom Einheitsbrei ab. Die Schreibe ist angenehm zu lesen und ausnahmsweise wird der Leser mal nicht gesiezt, obwohl das Heft auch ältere Käufer anspricht. Die Ausstattung ist mit 132 Seiten und Hochglanzpapier gut.
Beklagt wird die Fragmentierung der Zielgruppe. WoW, Guild Wars, Sims, Counter-Strike, GTA, Half-Life. Wie man diese Leute denn noch für neue Spiele begeistern sollte? Schwierige Frage, in der Tat. Nur, warum werden diese Zielgruppen bestenfalls mit sündhaft teuren Sonderheften abgespeist? 40 Seiten Tipps und Tricks für alle möglichen „normalen“ Spiele ziehen nicht mehr, WoW-Instanzenführer werden den Kioskbesitzern aber aus den Händen gerissen. Warum bietet man den MMOlern keine entsprechende Rubrik?
Alte Strukturen
Warum hängt man seit Jahren an dem Schema News, Previews, Tests, Magazin und Hardwareteil, obwohl die Käufer neue Ansprüche haben? Gut, es gibt immer mal wieder zaghafte Versuche mit Reports über Killerspiele, Raubkopien und Onlinesucht – aber wer will die immergleichen Themen lesen? Warum landen Reportagen, warum Casual beispielsweise boomt, in Heften wie GameStar/dev? Von einem nur im Abo oder am Bahnhofskiosk erhältlichen Magazin, haben die wenigsten Leute je gehört. Da nützen auch die spärlichen Eigenanzeigen in den Hauptheften nichts. Wie soll ich als Leser am Kiosk auf neue Inhalte oder besondere Reportagen im Heft aufmerksam werden, wenn solche Themen maximal in einer kleinen Zeile auf dem völlig verstopften Cover angefeaturert werden?
Wenn auf die Frage, was ich denn fürs Heft möchte, nur nach Beilagen gefragt werde, müsst ihr euch nicht wundern, wenn der Leser euch mit der Zeit auf eben diese reduziert und nur bei Gefallen von selbiger zugreift. Die daraus resultierende Konsequenz ist die Abwärtsspirale von Qualität (Texte) und Quantität (Seiten), in der wir uns bereits befinden. Hier muss zwingend ein umdenken stattfinden, denn sonst rennen einem die Leser schlicht und ergreifend weg.
Bei Qualität sind Käufer da, ohne nicht!
Man braucht an dieser Stelle auch nicht mit dem Argument „Der Markt schrumpft“ kommen. Es ist noch kein Jahr her, da wurden unter den Namen OPM2 und play inhaltsgleiche Hefte verkauft. Die Konsequenz war, dass die Auflage der play auf 20.000 fiel. Vor allem 2006 hat man bei CyPress viel falsch gemacht, sehr viel. Man hat an einigen Punkten aber begriffen, dass es auf dem bisherigen weg nicht weiter geht. Eine play ohne eigenes Profil, ohne eigene Inhalte und mit schlechter Ausstattung findet keine Käufer.
Aus der Krise gibt es nur einen Ausweg: Kompletter Neuanfang. Mit siebenköpfiger Redaktion, neuem Look, frischen Texten und guter Heftausstattung geht play3 an den Kiosk. Oh wunder, die Auflagenzahlen erreichen die eines OPM2 – jedoch ohne „das offizielle“ im Namen und ohne die Demo-DVD. Das Argument „Heftfusion“ habe ich auch bereits gehört, zählt jedoch nicht. Denn play3 hat mit Ausnahme der Redaktion nichts mehr mit play und OPM2 gemeint, nicht mal die Leseransprache. Eine Fusion hat also höchstens auf dem Papier stattgefunden. Aus dem Stand heraus verkauft man locker flockig doppelt so viel, wie die PlayZone.
Nach nicht als Werbung gekennzeichneten Anzeigen, dem Streichen von 32 Seiten, mehreren Redesigns und Änderungen aufgrund von „Leserwünschen“ und nicht zuletzt dem Schrumpfen der Redaktion auf klägliche drei Leute plus Praktikanten ist von der ehemaligen Nr. 1 (knapp 160.000 verkaufte Hefte Q. I/00) nicht mehr als ein klägliches Häufchen Elend mit keinen 20.000 Verkäufen übriggeblieben – trotz Premiumvariante. Das Heft dürfte nur noch aus zwei Gründen existieren: Prestige „Unser Verlag hat Magazine für jedes System“ und Querfinanzierung. Alleine könnte sich die PlayZone wohl nicht mehr tragen.
Aus Fehlern lernt man oder eben auch nicht
Das Prinzip „Wir sparen so lange, bis vom Heft nichts mehr übrig ist“, ist brutal gescheitert. Eine PlayZone kauft, mit Ausnahme von ganz wenigen, niemand mehr freiwillig.
Das erste, was Computec nach der Übernahme der play3 gemacht hat, war dem Heft erstmal dreißig Seiten zu streichen in der Kombination „weniger Seiten bei viel mehr Werbung“. Gleichzeitig hat man dem Heft auch seine eigene Redaktion gestrichen. Gut, bis auf ein Redakteur wollte niemand mit rüber zu Computec, allerdings hielt man es auch nicht für nötig die anderen zu ersetzen. Anstelle dessen hat man die PlayZone-Redaktion, um den einzig gewechselten play3-Redakteur auf vier Leute „aufgestockt“ und die play3 kurzerhand mit recycelten PlayZone-Artikeln gefüllt. Die Frage ist, wieso sollte man die Artikel nun in der play3 lesen wollen, wenn man sie schon in der PlayZone nicht lesen will? Da nützt es auch wenig, wenn leitende Redakteure ihre Texte noch mal komplett neu schreiben. Klar, es gibt aufgrund der unterschiedlichen Erscheinungstermine mal „frische“ Artikel, aber wer Artikel im PlayZone-Stil lesen will kauft sich die PlayZone und nicht die play3.
Interessant wäre an dieser Stelle auch mal die Frage an die Verlagsleitung: Würdet ihr die Hefte noch kaufen, die ihr produzieren lasst oder lest ihr sie noch gerne? Manchmal beschleicht einen das Gefühl, die Führungsetage hätte jeglichen Bezug zur Leserbasis komplett verloren.
Auch am Boden des tiefsten Abgrunds, geht es immer noch ein Stückchen weiter nach unten
Redaktion verkleinern, Lesern recycelte Artikel vorsetzen, Seiten streichen. Eigentlich, so müsste man meinen, hätte Computec bereits jedes nur mögliche Register gezogen. Nicht ganz, eines fehlt noch: Eine reale Heftpreiserhöhung (nicht nur relativ durch schlechtere Ausstattung). Genau die hat der play3 bislang noch gefehlt. Der einzig noch fehlende und damit logische Schritt wurde mit Ausgabe 01/2008 vollzogen.
Dass sich all das langfristig nicht positiv auf die Auflage auswirken wird, dürfte klar sein. Aber ist es wirklich das Ziel von über 40.000 wieder bei unter 20.000 zu landen? Für die Verlagsleitung scheinbar schon.
Who the fuck is Live Emotion?
Die Frage stellen sich auch viele andere Menschen. Geht man in Foren oder fragt man Leute in der Schule bzw. auf der Arbeit. Fast niemand kann mit dem Verlagsnamen oder den Heften Wii Magazin und Xbox Games etwas anfangen. „Was’n das? Ich kenn 360-Live und N-Zone, den andern Krams hab ich noch nie gehört“. Beim ehemaligen BriStein Verlag ist die nicht die Qualität das Problem, sondern die Bekanntheit. Aus unerfindlichen Gründen kriegen es die wirklich netten Menschen dort, nicht auf die Reihe selbst die popeligste Webseite zu erstellen. Ok, deren Handy-Zeitschrift hat eine, gepflegt wird sie allerdings kaum. Es gibt keine Verlagsseite mit Logo, Cover der aktuellen Ausgaben und Mediadaten. Auch kein Forum oder sonst irgendwie auch nur den kleinsten Hinweis auf die Existenz dieser Hefte. Wer etwas zu den Zeitschriften sucht, landet mit viel Glück entweder im Pressekatalog oder bei meinen Blogeinträgen. Ich freu mich zwar über jeden neuen Leser, das kann aber eigentlich nicht Sinn der Sache sein.
Print und Online
In Zeiten, in denen das Internet immer mehr an Bedeutung gewinnt, kann und darf man es sich nicht leisten dort überhaupt nicht vertreten zu sein. Die Konkurrenz schläft nicht, schon gar nicht die Online-Magazine. Die haben gegenüber Print zwei ganz entscheidende Vorteile: Auf eine Webseite passt unendlich viel News/Preview/Test rauf und sobald ein Artikel fertig ist, geht er online (sofern nicht irgendwelche Exklusivdeals dies verbieten).
Leserinteressen ändern sich immer mal wieder. Waren es früher Cheats und Tests, sind es heute oft Previews, mit denen Auflage gemacht wird. Die Aktualität von zweimonatlichen Heften von Heften wie Xbox Games und Wii Magazin tendiert gegen null. Für heiße Neuankündigungen kommen sie zu spät und wenn es Preview gibt, kann die monatliche Konkurrenz besagte Titel schon als Test vorstellen.
Eine gute Schreibe allein reicht nicht, um den Aktualitätskampf mit den Wettbewerbern zu gewinnen.
Unter Wert verkauft?
Statt mit einem zu hohen Preis hat die Games Aktuell meiner Meinung nach eher mit einem zu niedrigen zu kämpfen. Ein Euro für Heft mit ca. 100 Seiten (abhängig vom Werbeanteil), 1,99 für das gleiche nur mit Vollversion bzw. CD, 2,99 mit DVD. Egal ob mit oder ohne Datenträger und Vollversionen, den Auflagenerfolg kann man der GA nicht zusprechen. Der extrem niedrige Preis hat so etwas von Wegwerfcharakter. Statt des positiven „kostet nur so wenig, nehme ich mit“ liegt für mich eher ein „kostet nur so wenig, brauch ich nicht“ vor. Dies ist besonders schade, da sich das Heft vom Schulnoten-Trashmag zu einer anspruchsvollen Lektüre mit guten Tests und Specials entwickelt hat. Die inhaltliche Konzeption ist sehr hochwertig, erreicht aber leider nicht die richtigen Leute. Über 50% der Leser sind laut Verlag jünger als 20 Jahre, werden jedoch gesiezt. Ältere Käufer fühlen sich vom Ramschimage eher abgeschreckt – vollkommen zu unrecht. Die Games Aktuell sitzt zwischen allen Stühlen und hat ihren Platz leider noch nicht gefunden.
Unterm Strich bleibt dennoch etwas positives für Verlag UND Käufer: Das Heft soll schwarze Zahlen schreiben. Das ließe zumindest ein kleines bisschen hoffen, vor eventuellen Schnellschüssen der Vorstandsetage verschont zu bleiben.
Geld für Objekte ohne Zukunft
Vollkommen unklar bleibt vor allem eine Frage, warum keine Kapazitäten für anspruchsvolle Hefte frei gemacht werden. Noch weniger lässt sich erklären, warum für Hefte wie Kids Gamer Geld da ist. Große Erwartungen kann man an das Heft angesichts einer 50.000er Druckauflage und vierteljährlicher Erscheinungsweise nicht haben. Nicht viel anders sieht es für das Wii Player-Magazin aus. Sowohl Käufer als auch Anzeigenkunden zeigen sich an den Heften gänzlich uninteressiert.
Da war doch mal was anspruchsvolles… Nein. Die Idee entbehrt nicht einer gewissen Komik. In England ist die EDGE ein Prestigeobjekt des Future Verlages mit einer verkauften Auflage von 30.000 Stück. Gewinn kann man mit dem Heft keinen machen, aber Ansehen bekommen.
Wie soll sich eine 5 Euro teure, schlechte Übersetzung auf dem deutschen Markt etablieren, wenn sie nicht mal im Heimatland auf einen grünen Zweig kommt?
Ein anspruchsvolles Heft für erwachsene Leser zu machen heißt nicht, eine Hand voll ausgewählte Tests ohne jegliche Wertung am Ende zu schreiben, nur Interviews abzudrucken oder Seitenweise irgendwelche Gadgets zu fotografieren (GEE), genauso, wie es nicht damit getan ist ein Heft mit Kolumnen und Reportagen vollzustopfen, den Vorschau und Testteil aber eher hinten anstehen zu lassen (EDGE).
Auf das wir ewig Kinder bleiben!
Junge Leute greifen weniger zu Zeitschriften, geben weniger Geld für sie aus. Die Jugendzeitschriften wie Bravo zeigen es. Mädchenzeitschriften steigen aus dem Segment ganz aus und positionieren sich im Bereich junge Frauen. Trotzdem wird bei den Spieleheften weiterhin auf die junge Leserschaft gesetzt. Obwohl diese nicht größer wird. Es gibt genügend Menschen, die in den 90er mit Video Games und PC Player aufgewachsen sind. Sie spielen immer noch und wollen unterhalten werden, aber warum gibt es für sie kein Magazin?
22.500 Zeichen, Spielepresse in Deutschland – Eine Bestandsaufnahme.
Bestimmt hätte ich auf noch mehr Punkte eingehen können und sicherlich ist auch die ein oder andere Frage unbeantwortet geblieben. Dies soll für den Anfang jedoch erst einmal reichen. Über Feedback würde ich mich sehr freuen, ob per Kommentar, Mail oder icq.
Evil, der Magaziniac.