M! Games – The Last Man Standing
Wenn mir vor 15 Jahren jemand erzählt hätte, was im Jahr 2020 mal mein Lieblingsheft wird, den hätte ich vermutlich mehr als nur dezent seltsam angeschaut. Umso mehr freut es mich, dass es das „Gallische Dorf“ Cybermedia in Mering noch immer gibt.
Der Ist-Zustand
Machen wir uns nichts vor: Der Sektor der Spielehefte ist mausetot – und das nicht erst seit Corona. Die Gründe dafür mögen vielfältig sein, lassen sich am Ende jedoch auf eine einfache Aussage herunterbrechen „Es lohnt nicht mehr wirklich“. Denn auch wenn die Produktionskosten sinken (kleinere Redaktionen, weniger Layouter, Inhalte zwischen verschiedenen Kanälen und Heften tauschen, geringere Druckkosten) – den Schwund an Käufern und Anzeigen ausgleichen können sie nicht. Im Gegensatz zu den Technik-Heften und Testportalen hat sich bei den Spielemagazinen auch kein großer Markt mit Logo-Lizenzen etabliert. Hinzu kommt, dass E-Paper-Verkäufe sehr überschaubar ausfallen und Flatrate-Angebote wie „Readly“ nur Centbeträge pro Leser abwerfen und in Deutschland meinem Geschmack nach nur die GameStar ein richtig gutes Bezahlangebot im Netz hat.
Auch wenn ich immer noch diverse „Zombie“-Hefte kaufe, wirklich Spaß zu lesen bereiten sie mir nicht mehr. Die Optik reißt mich nur noch selten vom Hocker und wenn ich fix mal ein Heft durchblättere, hab ich eigentlich die meisten Inhalte schon online gesehen. Die Datenträger, sofern noch vorhanden, kann man sich auch sparen. In der „guten alten Zeit (TM)“ war die DVD der „GamePro“ ein absolutes Highlight. In der aktuellen Ausgabe gibt es noch 6 Vorschauen, 2 Tests und 3 Specials, darunter eine Folge GameStar TV – immerhin Plus-Content. Keine News, kein Testcheck oder sonst irgendwas, was die DVD legendär machte oder für Archivierungszwecke rechtfertigen würde. Das Videoarchiv heißt heute Youtube.
Damals…
Zur Hochzeit meiner Spielemagazinsammelleidenschaft zogen auch die Klassiker „Mega Fun“, „Fun Generation“, „Video Games“, „Next Level“ in mein Regal und natürlich auch die alten Jahrgänge der „Man!ac“. Die „M!“ mochte ich neben der „XL“ am wenigsten. Die „Fun Generation“ war mein ungeschlagener Favorit, gerade in ihrer letzten Inkarnation (ab 11/99). Nach mittlerweile 11 Jahren als Printmediengestalter muss ich mein Fanboysein doch ein wenig revidieren. Meine Fresse, haben die zwischendrin eine Scheiße zusammenlayoutet. Quarkxpress als DTP-Software war die Hölle [und alternativlos] und bei ständig wechselnden Layoutern ist es auch kein Wunder, dass permanent etwas schief geht. Weil es in den Kommentaren neulich aufgegriffen wurde „Computec spart sich das Lektorat“ – mag sein, der Schaden dürfte sich in Grenzen halten. Denn auch in den 90er und 2000ern wurden die Magazine Korrekturgelesen und die Ergebnisse dazu waren eher mäßig…
Heute…
Die „Man!ac“ bzw. heute „M! Games“ hat den Vorteil, dass sie sich in die moderne Zeit retten konnte und so von den heutigen Entwicklungen profitieren kann.
Gedruckt wird in Deutschland, bei Dierichs Druck in Kassel. Man mag es kaum glauben, aber wenn man die Transportkosten von Ungarn oder Polen nach Deutschland wieder draufschlägt, nimmt sich das preislich kaum noch was – trotz besserer Papierqualität. Hinzu kommt der unschätzbare Vorteil Ansprechpartner zu haben, die verstehen, was man von ihnen möchte, mit ihrem System zur Druckdatenverwaltung umgehen können und Abo- und Variantcover durchaus ohne Mehrkosten anbieten können. Oh und der Versand der Aboexemplare läuft ohne Zwischendienstleister und auf Wunsch in Schutzfolie. Etwas, was Computec und Vertriebs- und Abodienstleister DPV leider nicht mehr gewillt sind zu tun. Deswegen ist dort nur noch mein Abo der „Making Games“ erhalten geblieben, da es das Heft nicht mehr im Bahnhofsbuchhandel gibt – und jede Lieferung ist ein einziges Ärgernis.
Bedingt durch die Tatsache, dass die „M! Games“ sich ihre Inhalte nicht mit anderen Heften teilen muss, konnte sie sich ihr eigenständiges Layout erhalten. Es ist übersichtlich, zeitlos (überwiegend weiße Hintergründe), enthält verspielte Elemente (Infografiken, Freisteller) und noch die Original-Wertungsgesichter der Multiformat-Magazine. Durch Routine und seit Jahren dieselbe Layouterin (Cynthia Grieff) ist es auch wenig fehleranfällig.
Warum mag ich „M! Games“ noch?
Im Heft steht einfach noch eine ganze Menge drin. Egal ob „GamePro“ oder „Games Aktuell“ – bei beiden hab ich eher das Gefühl ein Best-Of der Webseite zu bekommen. In der „GamePro“ 9/20 sind gerade mal 5 Tests, in der „Games Aktuell“ 8/20 sind es 9. Auch die Vorschauen oder Hintergrundberichte sind nicht allzu interessant für mich – kennt man eben schon. Die „M! Games“ 8/20 hat ganze 18 Titel im Test. Dazu noch 26 Download-only-Spiele. Es gibt eben auch ein Leben neben Triple A und Blockbuster. Im Newsteil gibt es Nerdkram, zusätzlich noch eine Importecke. Klar, die Doppelseiten machen den Bock auch nicht fett, sorgen aber dafür, dass man abseits des Mainstreams noch ein bisschen was mitbekommt ohne sich in spezialisierten Youtube-Kanälen verlieren zu müssen.
Cybermedia schafft mit der „M! Games“ etwas, was ihre Mitbewerber bei mir nicht mehr hervorrufen: Das Gefühl in einem Monatsheft rundum informiert zu sein. Dafür gebe ich gerne 5 Euro im Monat aus und hoffe es auch noch lange tun zu können.